Versorgungsfond | | Nr. 076/17
Von einer echten Vorsorge kann keine Rede sein
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Per Ende dieses Jahres verfügt Schleswig-Holstein über eine Versorgungsrücklage in Höhe von knapp 650 Mio. Euro. Aufgebracht wurde diese Versorgungsrücklage ausschließlich durch den Gehaltsverzicht der Beamtinnen und Beamten selbst, denen dazu in den vergangenen 18 Jahren bei Besoldungs- und Versorgungserhöhungen jeweils 0,2%-Punkte abgezogen wurden.
Diese angesparte Rücklage reicht damit aber gerade einmal aus, um die gegenwärtigen Versorgungsausgaben von jährlich rund 1,1 Mrd. Euro für ein gutes halbes Jahr zu decken.
Von einer echten Vorsorge für die eingegangenen Pensionsverpflichtungen in Höhe von über 34 Mrd. Euro kann somit keine Rede sein. Erst Recht nicht, wenn man bedenkt, dass sich innerhalb der nächsten 10 Jahre die Zahl der Versorgungsempfänger um fast ein Viertel auf dann 42.000 Personen erhöhen wird und die Versorgungsausgaben dadurch auf 1,7 Mrd. Euro jährlich ansteigen werden.
Mit dem heute in zweiter Lesung zu beratenden Errichtungsgesetz für einen Versorgungsfonds will die Landesregierung deshalb diesen zukünftigen Haushaltsbelastungen entgegenwirken. Geschehen soll dieses auf dreierlei Art und Weise:
Erstens soll die vorhandene Versorgungsrücklage in den Versorgungsfonds überführt werden, was nichts anderes als eine reine Umbuchung ist. Die aufgebaute Rücklage wird damit aber immerhin rechtlich verbindlich abgesichert und darf auch zukünftig einzig und allein zur Begleichung der Versorgungsverpflichtungen eingesetzt werden. Im Interesse der Landesbediensteten, die diese Rücklage schließlich aufgebracht haben, ist das ohne Wenn und Aber zu begrüßen.
Zweitens soll der Versorgungsfonds zukünftig mit jährlich 77,5 Mio. Euro aus dem Landes-haushalt gespeist werden. Das ist exakt der Betrag, der sich aus den kumulierten 0,2%-Kürzungen bei den Besoldungs- und Versorgungsanpassungen ergeben hat.
Diese Einzahlungen werden also auch zukünftig von den Landesbediensteten erbracht, deren Besoldung auf dem abgesenkten Niveau verbleibt. Nur durch die dauerhafte Fortschreibung dieses Gehaltsverzichtes gelingt es, die weitere Aufstockung des Versorgungsfonds in diesem Umfang vorzunehmen.
Drittens - und das ist der einzig wirklich echte Bestandteil, der aus Steuermitteln hinzukommt - sollen zukünftig bei Neueinstellungen von Beamtinnen und Beamten 100,- Euro pro Monat eingezahlt werden. Das jedoch erst ab dem Jahr 2020. Bei durchschnittlich 1.000 Neueinstellungen pro Jahr wären das dann 1,2 Mio. Euro im ersten Jahr, die bis zur Ende der nächsten Wahlperiode auf 3,6 Mio. Euro anwachsen würden.
Diese Zahl ist insofern sehr interessant, als dass schon einmal ein Betrag von 3 Mio. Euro im Haushalt veranschlagt war, nämlich im Haushalt des Jahres 2012 der damaligen CDU/FDP Landesregierung. Und im Begründungstext hieß es damals dazu: "Ab dem 1. Januar 2012 wird für alle in einem Beamtenverhältnis neu eingestellten Kräfte ein Versorgungsfonds eingerichtet."
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem heute zu beschließenden Gesetzentwurf der rot-grün-blauen Landesregierung werden wir also Ende 2022 da angekommen sein, wo wir bereits 10 Jahre früher hätten sein können, wenn nicht genau diese Position von SPD, Grünen und SSW nach der Regierungsübernahme gestrichen worden wäre!
Frau Finanzministerin, wir nehmen es Ihnen nicht überhaupt übel, dass Sie sich bei der Einrichtung eines Versorgungsfonds jetzt endlich eines Besseren besonnen haben und auf den Weg zurückkehren, den CDU und FDP bereits in ihrer Regierungszeit eingeschlagen hatten. Für sich in Anspruch nehmen können Sie diese Erfindung allerdings nicht!
Und auch wenn das Gesetz jetzt in die richtige Richtung geht und den geeigneten rechtlichen Rahmen schafft, um für bestehende und zukünftige Versorgungsverpflichtungen wirksam Vorsorge zu leisten, so ist doch eins auch vollkommen klar: Mit der jetzt von Ihnen vorgesehenen Größenordnung von 100,- Euro monatlich ist der Versorgungsfonds vollkommen unzureichend finanziert!
Würden in dieser Höhe bis zur Pensionierung Einzahlungen geleistet, ließe sich damit gerade einmal das erste Jahr der Pension finanzieren.
In der Ausschussanhörung wurde deshalb beispielhaft der Betrag von 500,- Euro monatlich genannt, der schon eher geeignet wäre, die Versorgungsverpflichtungen nach der Pensionierung aufzufangen. Schaut man auf den derzeit gültigen Höchstbetrag in der gesetzlichen Rentenversicherung von 1.187 Euro, so wird einem bewusst, dass noch deutlich höhere monatliche Einzahlungen erforderlich sein könnten, um eine versicherungsmathematisch korrekt berechnete Vorsorge aufzubauen.
Die Aufgabenstellung für zukünftige Landesregierungen ist damit hinreichend beschrieben. Mit dem heute zu beschließenden Gesetz ist nur ein erster Anfang geschafft. Eine Lösung für die vor uns liegenden Herausforderungen ist damit aber noch keineswegs erreicht.
Da aber wenig besser ist als gar nichts, werden wir dem Gesetz in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung heute zustimmen.
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel