Sanierung | | Nr. 250/24
Das Dogma des maximalen Sanierens der Gebäudebestände ist gescheitert
Zur heute öffentlich vorgestellten Machbarkeitsstudie Klimaneutraler Wohnungsbau in Schleswig-Holstein erklärt der wohnungsbaupolitische Sprecher Michel Deckmann:
„Wir haben uns in Schleswig-Holstein das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2040 erstes klimaneutrales Industrieland zu werden. Dabei spielt die Wärmewende und die Reduzierung der Emissionen im Wohnsektor eine wesentliche Rolle. Das wesentliche vorweg: Die heute vorgestellte Machbarkeitsstudie zeigt, dass die Klimaneutralität des Gebäudebestands im Land möglich ist! Das ist ein gutes Zeichen und stimmt positiv für die weitere Arbeit, dieses wichtige Ziel zu erreichen.
Gleichwohl stellen wir fest, dass das Dogma des maximalen Sanierens der Gebäudebestände gescheitert ist. Es ist nicht bloß wirtschaftlich falsch, sondern auch klimaschädlich. Der massive Ausstoß grauer Emissionen beim vorfälligen Austausch von Gebäudeteilen lässt sich in diversen Fällen nicht mehr durch die Effizienzsteigerung im laufenden Betrieb des Gebäudes einholen. Insbesondere der Passivhaus- und der EH40-Standard sind als Ziel für die Energieeffizienz der Bestandsgebäude ein Irrweg.
Stattdessen werden sich die Sanierungsaktivitäten auf die energetisch schlechtesten Gebäude sowie auf die sanierungsfälligen Gebäudeteile konzentrieren müssen. Das ist der beste Weg, um möglichst wirtschaftlich das Ziel der Klimaneutralität des Gebäudebestands zu erreichen. Dabei wäre bereits der Effizienzstandard gemäß Gebäudeenergiegesetz eine solide Benchmark, um sowohl den ökonomischen als auch den ökologischen Ansatz miteinander in Einklang zu bringen.
Diese, nun auch wissenschaftlich bestätigten Erkenntnisse, sind auch für die Eigentümerinnen und Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern gute Nachrichten. Diese stellen 88 Prozent des Wohngebäudebestands in Schleswig-Holstein dar. Damit haben wir im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt einen deutlich höheren Bestand an Ein- und Zweifamilienhäusern. Hier müssen wir bei den notwendigen Sanierungen dem Ansatz „Worst-First“ folgen. Dabei muss sich die Sanierungstiefe bei diesen Gebäuden immer am leistbaren Niveau orientieren und darf die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit nicht aus dem Blick verlieren. Falsch gesetzte Anreize, wie beim Tilgungszuschuss der KFW, welcher sich am EH-40-Standard orientiert, gehören abgeschafft.
Neben den notwendigen Sanierungen von Bestandsgebäuden ist aber die Umstellung der Wärmeversorgung auf unserem Weg zur Klimaneutralität noch wichtiger, um den Wohnungsbestand im Land klimaneutral zu machen. Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien, z.B. durch den vorliegenden Entwurf des Landesentwicklungsplan Wind und auch unseren Initiativen zur kommunalen Wärmeplanung sind wir hier in Schleswig-Holstein auf dem richtigen Weg. Entscheidend ist, dass beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Umstellung der Wärmeversorgung alle an einem Strang ziehen“, so Deckmann.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel