Northvolt | | Nr. 291/23
TOP 3+9+38: Die Ansiedlung von Northvolt ist das wichtigste Vorhaben dieses Jahrzehnts
Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Ansiedlung der Batteriefabrik von Northvolt ist das wichtigste Vorhaben dieses Jahrzehnts für Schleswig-Holstein und hat Strahlkraft weit über unsere Landesgrenzen hinaus.
Mit einer Investitionssumme von 4,5 Milliarden Euro und rund 3.000 neuen Arbeitsplätzen handelt es sich - schon für sich allein genommen - um die größte Industrieansiedlung bei uns im Land seit rund 40 Jahren. Die Bedeutung geht aber weit darüber hinaus.
Im Bereich von Logistik und Zulieferern werden um die Fabrik herum mehrere tausend weitere Arbeitsplätze entstehen. Dithmarschen und die Westküste werden damit aus der bisherigen Strukturschwäche geradezu herauskatapultiert.
Aber selbst damit ist die Bedeutung des Vorhabens noch nicht in Gänze beschrieben, denn die Ansiedlung der Batteriefabrik von Northvolt hat darüber hinaus das Potenzial zum Gamechanger für ganz Schleswig-Holstein zu werden, hin zum klimaneutralen Industrieland. Das ist unser gemeinsames Ziel von CDU und Grünen.
Kaum ein anderes Projekt dürfte den Standortvorteil regenerativer Energien gepaart mit klimaneutraler Industrialisierung in Schleswig-Holstein besser verdeutlichen als diese Batteriefabrik. Eine erfolgreiche Ansiedlung ist deshalb die beste Standortwerbung, die man sich vorstellen kann mit der Chance auf weitere Ansiedlungen in den kommenden Jahren.
Meine Damen und Herren, es ist, glaube ich, weitgehend unstrittig, dass es dafür einer öffentlichen Förderung bedarf, um die Wettbewerbsverzerrung des US-amerikanischen Inflation Reduction Acts auszugleichen.
Das Bemerkenswerte ist deshalb nicht die öffentliche Förderung an sich, sondern vielmehr die Tatsache, dass diesmal Schleswig-Holstein zum Zuge kommt und nicht NRW, Bayern oder Baden-Württemberg. Das ist ein riesiger Erfolg für unser Bundesland! Das gilt umso mehr, als dass der Bund den Großteil der Förderung übernimmt. Oft genug beklagen wir uns zu Recht über zu geringe Bundesmittel. An dieser Stelle können wir aber tatsächlich einmal in ganz erheblichem Umfang von der Unterstützung des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck profitieren.
Ich bin mir sicher, andere Bundesländer würden sofort als Standortalternative einspringen, sollte Schleswig-Holstein den Landesanteil an der Förderung für Northvolt nicht aufbringen können – oder wollen.
Deshalb liegt es im ureigensten Interesse unseres Bundeslandes, in dieser Hinsicht für Klarheit zu sorgen und keinerlei Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass wir das gemeinsam mit dem Bund geschnürte Förderpaket auch tatsächlich umsetzen.
Mein Dank gilt deshalb der SPD-Fraktion, die sich - wie schon mehrfach in der Vergangenheit - bei derartig weitreichenden Entscheidungen zur gemeinsamen Verantwortung für unser Land bekennt. Ich will mich insbesondere beim Oppositionsführer für die konstruktiven Gespräche während der Sommerpause bedanken.
Was die Kritik von FDP und SSW anbelangt, so habe ich diese nicht so verstanden, dass sie sich gegen die Landesförderung an sich richtet, sondern kritisiert wird allein der Finanzierungs-weg aus Mitteln des Notkredites.
Angesichts der immensen Bedeutung des Projektes könnte man diese eher formale Oppositionskritik jetzt als unverhältnismäßig oder gar kleinkariert abtun.
Sie berührt allerdings eine grundlegende verfassungsrechtliche Frage, weshalb ich hier in aller Ernsthaftigkeit darauf eingehen möchte.
Ich verbinde dies mit der Hoffnung, ein Umdenken bei der Opposition herbeizuführen. Denn ein gemeinsamer Beschluss wäre ein ungleich positiveres Signal nicht nur gegenüber dem Bund, sondern vor allem auch gegenüber Northvolt. Schließlich steht die finale Investitionsentscheidung des Unternehmens immer noch aus und da könnte der Landtag mit einem einstimmigen Votum ein ganz starkes Zeichen setzen.
Mit dem veränderten Notkreditbeschluss im Dezember letzten Jahres hat der Landtag formuliert, dass der Notkredit auch für Investitionen eingesetzt werden kann, die Zitat:
„in Folge des Angriffskriegs auf die Ukraine der unabdingbaren Beschleunigung der Energiewende und der Erlangung der Energiesouveränität dienen“. Zitat Ende.
Diese Voraussetzung trifft meines Erachtens unzweifelhaft auch auf die Förderung einer Batteriefabrik zu, weshalb eigentlich dem SSW eine Zustimmung möglich sein müsste, da er diese Änderung im letzten Dezember als Mitantragsteller eingebracht hat. Mit Blick auf die FDP, aber genauso den SSW will ich zudem auf den allerersten Beschluss zum Ukraine-Notkredit aus dem April 2022 verweisen, den alle fünf Fraktionen unmittelbar nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gemeinsam gefasst haben.
Damals haben wir festgestellt, dass Zitat: „im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und seinen Folgen eine außergewöhnliche Notsituation gemäß Artikel 61 Absatz 3 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein besteht, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die Finanzlage erheblich beeinträchtigt“. Zitat Ende.
Genau wegen dieser Notsituation mit erheblichen Auswirkungen auf den Landeshaushalt ist es derzeit nicht möglich, die zusätzliche Belastung für die Northvolt-Förderung aus dem laufenden Haushalt aufzubringen. Trotz Inanspruchnahme des Notkredites weist die Haushaltsplanung für das kommende Jahr ohnehin schon eine Lücke von rund 500 Millionen Euro auf.
In dieser Situation zu glauben, dass die zusätzlichen Millionen für die erhöhte Northvolt-Förderung aus dem laufenden Landeshaushalt beglichen werden könnten, ist absolut unrealistisch. Und das wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von SSW und FDP.
Die weiteren Änderungen am Notkreditbeschluss bei Flüchtlingskosten, Lehrkräften und Cybersicherheit rechtfertigen erst recht keine Ablehnung, ganz im Gegenteil, sie entsprechen voll und ganz dem Ursprungsgedanken des Notkredites und stellen lediglich Aktualisierungen und Konkretisierungen dar.
Wenn die Opposition die Änderung des Notkredites also allein wegen der Aufnahme der Northvolt-Förderung ablehnt,
dann hätte ich ehrlich gesagt erwartet, dass die Opposition zu der heutigen Landtagssitzung einen Nachtragshaushalt einbringt, mit dem sie genau darstellt, wie sie die Northvolt-Förderung aus dem normalen Haushalt finanzieren will.
Sich als Opposition zu der Ansiedlung der Batteriefabrik zu bekennen, die Inanspruch-nahme des Notkredites aber abzulehnen und dann keine eigenen Vorschläge für eine Finanzierung aus dem laufenden Haushalt zu präsentieren, damit würde sich die Opposition hier einen sehr schlanken Fuß machen. Auch als Opposition darf man sich nicht so aus der Verantwortung schleichen!
Wenn wir wollen, dass die Batteriefabrik in unserem Bundesland gebaut wird, dann geht das in der gegenwärtigen Lage nur mit Hilfe des Notkredites. Dem muss sich auch die Opposition von FDP und SSW bewusst sein, die ich deshalb noch einmal bitte, ihre Ablehnung zu überdenken.
Meine Damen und Herren, die Änderung des Gesetzentwurfes zum Sondervermögen Energie- und Wärmewende, Klimaschutz und Bürgerenergie folgt inhaltlich dem geänderten Notkreditbeschluss und benötigt daher keine weiteren Ausführungen.
Worauf ich noch näher eingehen möchte, ist der vorliegende Nachtragshaushalt der Landesregierung.
Die Umstellung der Wärmeversorgung in Schleswig-Holstein ist ebenfalls ein Milliardenprojekt.
Aber genauso wenig wie Schleswig-Holstein für mehrere Milliarden Euro eine Batteriefabrik selbst bauen könnte, kann es auch die für die Wärmewende erforderliche Summe von 6 bis 8 Milliarden Euro nicht bewältigen. Und es wäre auch gar nicht klug, das überhaupt zu versuchen. Die Expertise für den Bau einer Batteriefabrik hat schließlich nicht das Land Schleswig-Holstein, sondern die Firma Northvolt mit ihrer Forschungs- und Entwicklungsarbeit und vor allem mit der Erfahrung in der Batteriezellenproduktion.
Und genau so ist es auch bei der Wärmeversorgung: Die Expertise, die Erfahrung und die Kundenbeziehungen haben die Energieversorgungsunternehmen vor Ort, die die Haushalte bislang mit Gas oder bereits jetzt mit Fernwärme versorgen und die örtlichen Gegebenheiten kennen. Sie sind deshalb dafür prädestiniert, die zukünftigen Wärmenetze aufzubauen. Viele von ihnen, seien es Stadtwerke, private Energieversorger oder auch Landwirte mit einer Biogasanlage, haben sich auch schon auf den Weg gemacht.
Was wir deshalb jetzt nicht brauchen, ist eine Landesentwicklungsgesellschaft als große Behörde, die ein landesweites Wärmenetz baut und dafür Milliardenzuschüsse aus dem Landeshaushalt benötigt. Staatliche Planwirtschaft ist immer die falsche Lösung!
Als Land können wir aber dazu beitragen, die Wärmewende zu beschleunigen, indem wir
1. bereits jetzt schon denjenigen mit einer 75 Mio. Euro-Anschubfinanzierung unter die Arme greifen,die als Erste mit entsprechenden Projekten starten.
2. wollen wir die Erfahrungen in einem Kompetenzzentrum für klimaneutrale Wärmerzeugung allen Kommunen und Energieversorgern zur Verfügung stellen.
3. gehen wir jetzt mit dem Nachtragshaushalt noch einen großen Schritt weiter:
Bei Zustimmung des Landtages stehen Landesbürgschaften von bis zu 2 Milliarden Euro bereit, um die Aufnahme von Finanzmitteln durch die örtlichen Energieversorger abzusichern und ihnen die Milliardeninvestitionen in eine neue Wärmeversorgung zu erleichtern.
Wenn wir auf Öl- und Gasheizungen verzichten wollen, dann braucht es vorher eine Alternative, damit die Menschen wissen, wie ihre Wohnungen zukünftig geheizt werden.
Deshalb haben wir den größeren Kommunen in Schleswig-Holstein bereits 2021 die Aufstellung von Wärmeplänen verbindlich vorgeschrieben und deshalb treiben wir jetzt den Bau von Wärmenetzen voran.
Das ist genau die richtige Reihenfolge und daran hätte sich die Bundesregierung mal ein Beispiel nehmen sollen, anstatt mit dem vermurksten Heizungsgesetz dem Klima massiv zu schaden, denn hunderttausende von neu eingebauten Öl- und Gasheizungen in diesem Jahr sind eine schwere Hypothek für den Klimaschutz in den nächsten Jahrzehnten.
Schleswig-Holstein zeigt, wie es besser geht und deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Nachtragshaushalt ebenso wie zu dem veränderten Notkreditantrag. Den Gesetzentwurf zum Sondervermögen bitte ich federführend in den Finanzausschuss, mitberatend in den Wirtschafts- sowie den Agrar- und Umweltausschuss zu überweisen.
Herzlichen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel