Ukraine | | Nr. 84/22
TOP 1 + 40: Tun wir wirklich genug? Schnelle Lösungen erforderlich!
Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine erleben wir in Deutschland eine Welle der Solidarität mit der Ukraine. Hundertausende von Menschen gehen bundesweit auf die Straße und demonstrieren gegen Putins Krieg.
Schülerinnen und Schüler, die erstmals in ihrem Leben mit dieser konkreten Kriegssituation konfrontiert sind, genauso wie ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die den Zweiten Weltkrieg als Kinder selbst miterlebt haben und niemals gedacht hätten, dass sich so etwas in Europa jemals wiederholen könnte.
Bei diesen Demonstrationen, in den Medien, in den sozialen Netzwerken und bei einer Fülle von Veranstaltungen und Organisationen wird mit den Farben Blau und Gelb, mit ukrainischen Flaggen und Symbolen unsere Unterstützung für den ukrainischen Freiheits-Kampf zum Ausdruck gebracht. Als Politik und Gesellschaft zeigen wir damit eine beeindruckende Geschlossenheit gegen die russische Aggression.
Auch wir Abgeordnete haben dieses mit unserer Solidaritätsadresse an die ukrainische Botschaft getan. Vielen Dank Frau Präsidentin, für die Organisation dieses gemeinsamen Schreibens und noch viel mehr Dank für die Einladung von Iris Laufer, der Vorsitzenden der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft in Kiel, zu dieser Unterzeichnung.
Meine Damen und Herren, neben den Solidaritätsbekundungen erleben wir gleichzeitig eine Hilfs- und Unterstützungsbereitschaft von noch nie da gewesenem Ausmaß:
Innerhalb kürzester Zeit sind bundesweit hunderttausende von privaten Unterkünften gemeldet worden, um sie ukrainischen Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Hilfsgüter und Spenden werden in großer Zahl gesammelt. Helfer machen sich auf eigene Initiative hin auf den Weg nach Polen, um den dort ankommenden Ukrainerinnen mit ihren Kindern die lebensnotwendige Versorgung zukommen zu lassen. Andere organisieren privat den Bustransfer von Berlin oder sogar aus Warschau zu uns, um die Kriegsflüchtlinge in Sicherheit zu bringen.
All diesen Initiativen, Spendern und ehrenamtlichen Helfern gilt mein ganz großes Dankeschön. Deutschlands Zivilgesellschaft beweist damit einmal mehr, zu welch großartigen Leistungen sie fähig ist.
Mein Dank gilt aber genauso auch allen offiziellen Stellen - in den Gemeinden, den Kreisen und beim Land - für die schnelle Organisation von Tausenden von Unterkünften, über die Erstversorgung bis hin zur Corona-Schutzimpfung.
Stellvertretend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für alle dort tätigen Ehrenamtler gilt mein Dank unserer Innenministerin. Liebe Sabine Sütterlin-Waack, auch Ihr leistet ganz großartige Arbeit. Unser Dank ist Euch gewiss!
Dieser Dank gilt auch dafür, dass wir als Land finanziell Verantwortung übernehmen und den Kommunen die Zahlung einer Aufnahmepauschale von 500 Euro pro Kopf zugesagt haben.
Die gleiche Klarheit würde ich mir vom Bund gegenüber den Ländern auch wünschen. Es ist nicht zu verstehen, weshalb die Bundesregierung dazu bislang nicht in der Lage ist und erst eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden muss – schließlich sind diese Mechanismen seit der Flüchtlingskrise 2015 alle vorhanden und müssen nur wieder aktiviert werden.
Meine Damen und Herren, alle Solidarität mit der Ukraine und auch eine noch so große Hilfsbereitschaft den Millionen Flüchtlingen gegenüber wird aber diesen Krieg nicht beenden. Putin stoppen wir damit leider nicht.
Und ich fürchte, das gilt auch für die verhängten Sanktionen. Sie treffen Russland hart und schaden der russischen Wirtschaft massiv. Aber auch ein Staatsbankrott und leere Kaufhausregale bedeuten nicht automatisch ein schnelles Ende dieses Krieges.
Ein Staatsbankrott bezieht sich nur auf die Auslandsverbindlichkeiten nicht aber auf den innerrussischen Zahlungsverkehr und wie schnell sich Regale leeren können, wenn schlagartig Hamsterkäufe einsetzen, haben wir zu Beginn der Corona-Pandemie selbst erlebt. Das bedeutet noch lange nicht, dass damit die Versorgung der Bevölkerung dauerhaft zusammengebrochen ist.
Und auch die russischen Oligarchen werden den Verlust ihrer Yachten und Sommerresidenzen in Europa verschmerzen können, wenn sie gleichzeitig zu Spottpreisen die Betriebsstätten westlicher Firmen in Russland erwerben können, deren Vermögenswerte vom russischen Staat konfisziert wurden, weil sie ihre Tätigkeit in Russland eingestellt haben.
Die Sanktionen sind dennoch richtig und notwendig, damit Russland einen hohen Preis für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg bezahlt. Kurzfristig beenden können Sie den Krieg gleichwohl nicht – da sollten wir uns keine falschen Vorstellungen machen!
An den Verhandlungstisch wird Putin erst dann wieder zurückkehren, wenn er eine militärische Niederlage fürchten muss. Und deshalb waren die Waffenlieferungen an die Ukraine so wichtig. Sie kamen zwar spät, aber sie waren Gott sei Dank noch nicht zu spät, denn nur so können die Ukrainer jetzt der russischen Luft- und Boden-Überlegenheit trotzen.
Deshalb ist es gut, dass die Europäische Union ihre Unterstützung für Waffenkäufe auf eine Milliarde Euro verdoppelt hat. Die Amerikaner helfen mit einem Vielfachen davon. Und selbst das neutrale Schweden hat mehr Waffen geliefert als die Bundesrepublik.
Auch von deutscher Seite müssen wir unsere Unterstützung unbedingt fortsetzen. Es braucht weitere Ausrüstung, Waffen und Munition, damit die Ukraine ihren Kampf für Freiheit und Demokratie gegen die russischen Aggressoren aufrechterhalten kann.
Meine Damen und Herren, wo ich bei den militärischen Aspekten bin, lassen Sie mich ein paar Worte zur Stärkung der Bundeswehr verlieren: Diese ist dringend notwendig, um das Abschreckungspotential der NATO zu erhöhen und Putin davon abzuhalten, den Konflikt auf weitere osteuropäische Staaten auszuweiten.
Unsere Zusage, jeden Angriff auf einen NATO-Partner gemeinsam abzuwehren, ist nur dann glaubwürdig, wenn wir dazu auch militärisch in der Lage sind. Gerade bei uns in Deutschland haben wir da erheblichen Nachholbedarf.
Die Ankündigung des Bundeskanzlers von 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr und eines jährlichen Verteidigungsetats von mindestens 2 Prozent des BIP begrüßen wir als CDU-Landtagsfraktion deshalb ausdrücklich.
Anfangs konnte man sogar hoffen, dass beide Maßnahmen additiv gemeint seien und es die Bundesregierung nicht bei einmalig 100 Mrd. Euro belassen würde. Aber auch das ist schon um Längen mehr gegenüber dem, was in den letzten vier Jahren in der Großen Koalition möglich war.
Deshalb tragen wir als Union diese Entscheidung mit. Wir sind bereit, mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag und mit Stimmen Schleswig-Holsteins im Bundesrat für die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit zu sorgen, damit dieses Sondervermögen eingerichtet werden kann.
Für uns als Union sind dabei drei Dinge von entscheidender Bedeutung: Erstens müssen die Mittel vollständig der Bundeswehr zugutekommen. Zweitens muss es sich um zusätzliche Mittel handeln, die den Verteidigungsetat entsprechend erhöhen. Und drittens darf das Sondervermögen ausschließlich für die Anschaffung von zusätzlicher Ausrüstung dienen, und nicht um Lücken im laufenden Betrieb der Bundeswehr zu schließen.
Wenn wir über die Bundeswehr sprechen, dann geht es aber nicht nur um zusätzliches Geld, sondern wir müssen unseren Soldatinnen und Soldaten auch wieder die Wertschätzung entgegenbringen, die sie verdient haben:
Öffentliche Gelöbnisse, Jugendoffiziere an Schulen und Bundeswehrangehörige in Uniform im öffentlichen Straßenbild – all das muss ganz selbstverständlich möglich sein, denn von ihrem Dienst hängt unsere Freiheit, unsere Sicherheit und unsere Demokratie ab!
Meine Damen und Herren, die Stärkung der Bundeswehr ist notwendig, um der russischen Aggression Grenzen aufzuzeigen und den nächsten Krieg zu verhindern. Im gegenwärtigen Russisch-Ukrainischen Krieg ist es dagegen vollkommen richtig, dass die NATO nicht militärisch eingreift und damit einen III. Weltkrieg provoziert. Jede militärische Intervention verbietet sich angesichts der davon ausgehenden unkalkulierbaren Folgen.
Dennoch müssen wir uns fragen, was wir noch tun können, um die Ukraine zu unterstützten und diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Jeden Tag, den dieser Krieg länger dauert, fordert er Menschenleben. Die Brutalität des russischen Vorgehens bringt unsägliches Leid über die ukrainische Zivilbevölkerung und durch die Kampfhandlungen wird die Heimat von Millionen Menschen in der Ukraine zerstört.
Und deshalb müssen wir uns fragen: Tun wir wirklich genug? Tun wir wirklich alles Mögliche was in unserer Kraft steht, um Putin zu stoppen und ihn zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen? Ich denke nicht, meine Damen und Herren.
Noch immer fahren russische Schiffe durch den Nord-Ostsee-Kanal – und warum? Weil sich die verhängten Sanktionen nur gegen einzelne Personen oder Banken richten und nicht gegen die russische Wirtschaft insgesamt.
Und damit sind wir beim Thema Energie, denn es ist die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen, die uns daran hindert, solche weitergehenden Maßnahmen zu ergreifen.
Mir ist dabei vollkommen bewusst, dass ein Einfuhrstopp für russische Energielieferungen schwerwiegende Folgen auch für uns selbst bedeuten würde. Nicht nur, dass im nächsten Winter die Heizungen möglicherweise kalt bleiben würden, nein schon viel früher würden sich gravierende Auswirkungen auf unsere Industrieproduktion ergeben.
Wir müssen uns allerdings schon fragen, ob nicht ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 3 Prozent oder vielleicht sogar um 5 Prozent nicht der Preis ist, den wir zahlen müssen, um unseren Beitrag zum ukrainischen Freiheitskampf zu leisten. Schließlich verteidigt die Ukraine nicht nur sich selbst, sondern unser aller Freiheit.
Moralisch ist die Antwort auf diese Frage sicherlich eindeutig. Aber auch praktisch ist viel mehr möglich als bisher getan wurde: Bei Kohle und Öl existiert ein funktionierender Weltmarkt. Zumindest in diesen beiden Bereichen muss es deshalb möglich sein, sich kurzfristig von russischen Lieferungen unabhängig zu machen! Es kann nicht sein, dass wir weiterhin Kohle und Öl aus Russland beziehen, obwohl andere Bezugsquellen zur Verfügung stehen.
Eine Verknappung des Angebots durch Verzicht auf russische Lieferungen wird dabei immer zu steigenden Preisen führen. Die Entwicklung der Energiepreise, wie wir sie derzeit an den Märkten erleben, nimmt diese Entwicklung bereits vorweg.
Damit das Leben für den Normalbürger aber bezahlbar bleibt, brauchen wir jetzt eine Entlastung bei den hohen Preisen für Benzin, Diesel und Heizöl! Mobilitätsgeld, Tankrabatt oder Energiegeld, das alles scheint mir noch nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein, denn bei all diesen Vorschlägen muss man sich fragen, wie die Umsetzung kurzfristig und unbürokratisch gelingen soll. Unsere Forderung lautet daher, die Energiesteuer und die Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe und Heizöl zumindest bis zum Jahresende zu reduzieren. In der Corona-Pandemie war es möglich, die Mehrwertsteuer zeitlich befristet abzusenken. Das muss daher auch jetzt möglich sein, zumal der Staat an den steigenden Energiepreisen kräftig mitverdient.
Meine Damen und Herren, das Dilemma der Abhängigkeit von russischen Energie-lieferungen führt uns drastisch vor Augen, dass wir in vielen Bereichen radikal umdenken müssen. In Schleswig-Holstein haben wir das in den letzten Tagen am Beispiel des LNG-Import-Terminals exemplarisch erlebt.
Jahrelang diskutiert und hoch umstritten wäre es jetzt am besten, wenn er bereits morgen in Betrieb gehen könnte. Die Beteiligung des Bundes über die KfW am Betreiberkonsortium ist deshalb eine gute Entscheidung. Eine solche Kapitalbeteiligung führt aber noch nicht zu einer Verkürzung der Planungsdauer.
Wenn sich das Projekt nicht um Jahre verzögern soll, weil sich die Deutsche Umwelthilfe durch alle Instanzen klagt, dann braucht es eine Legalplanung, also einen Gesetzbeschluss, der den Planungs-, Genehmigungs- und Vergabeprozess für dieses Projekt drastisch verkürzt. Es muss doch möglich sein, ein solches Vorhaben, das der nationalen Versorgungssicherheit dient, spätestens in zwei bis drei Jahren zu realisieren. Angesichts eines Krieges in Europa können wir uns jahrzehntelange Planungsprozesse nicht länger leisten!
Genauso bestechend ist die Idee, die deutsche Erdölförderung durch Erschließung eines neues Förderfeldes von der Mittelplate aus zu erhöhen, um sich dadurch ein Stück weit unabhängiger von ausländischen Lieferungen zu machen. Die dafür erforderliche Investition von 100 Millionen Euro soll aber anschließend auch erstmal wieder verdient werden, sonst wird nämlich kein Betreiber diese Investition tätigen. Deshalb ist es nicht unproblematisch, die Genehmigung des zusätzlichen Förderfeldes an die Bedingung zu knüpfen, dass die Gesamtnutzungsdauer der Mittelplate verkürzt wird.
Auch an dieser Stelle können wir uns aber keine langwierigen Diskussionen und politisches Spiegelfechten mehr leisten. Wir brauchen jetzt schnell eine Lösung, die die kurzfristige Erhöhung der Energiesouveränität einerseits und den Ausstieg aus fossilen Energieträgern andererseits unter einen Hut bekommt, damit wir hier nicht nur eine Phantomdiskussion führen.
Meine Damen und Herren, den Eindruck einer solchen Phantomdiskussion konnte man beim Vorstoß des Bundeswirtschaftsministers für längere AKW-Laufzeiten gewinnen. Kaum war der Vorschlag gemacht, war die angekündigte Prüfung auch schon abgeschlossen und der Vorschlag damit wieder vom Tisch.
Ich aber kann mir nicht vorstellen, dass wir Ende 2022 die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland abschalten und gleichzeitig Gaskraftwerke mit russischem Gas zur Stromerzeugung in Betrieb sind. Wenn sich die Situation am Jahresende also noch genauso dramatisch darstellt wie im Augenblick, dann darf eine Laufzeitverlängerung kein Tabu sein. Auch in dieser Hinsicht kann es keine Denkverbote geben!
Und was in der Übergangszeit für Flüssiggas, Erdölförderung und Atomkraft gilt, gilt genau so auch für den dauerhaften Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir müssen bei Wasserstoff-Elektrolyse, Batteriezellen-speicherung und regenerativer Energieerzeugung deutlich schneller vorankommen als bislang geplant.
Erfreulicherweise macht sich genau jetzt die Arbeit der vergangenen Jahre bezahlt: Es ist einfach phantastisch, was in der Region Heide mit der industriellen Wasserstoffproduktion und der zukünftigen Batteriezellenfabrik entstehen wird. Mit der größten Industrieansiedlung in Schleswig-Holstein seit Jahrzehnten wird unser Bundesland damit zum absoluten Vorreiter im Transformationsprozess der Energiewende.
Damit nehmen wir zukünftig nicht nur einen Spitzenplatz bei der Erzeugung von erneuerbarem Strom ein, sondern wir nutzen unsere Windenergie, um damit Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen vor Ort zu generieren. Im Zeichen der Energiewende hat Schleswig-Holstein das Potential, zum klimaneutralen Industrieland aufzusteigen. Diese Chance gilt es jetzt mit beiden Händen zu ergreifen. Und deswegen meine Damen und Herren, können und wollen wir auch bei der Erzeugung von erneuerbarem Strom noch weiter zulegen und über die bisherigen 2 Prozent der Landesfläche hinausgehen.
Mit dem CDU-Wahlprogramm haben wir deutlich gemacht, dass wir bereit sind, die Kriterien beim Denkmalschutz, beim Artenschutz und beim Landschaftsschutz zu überprüfen, um somit zusätzliche Flächen zu generieren. Das werden aber schwierigste Abwägungsprozesse sein, die vermutlich ähnlich viel Zeit in Anspruch nehmen werden, wie dies bei den letzten Windplanungen der Fall war.
Unter dem Aspekt der Energiesouveränität, der Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen haben wir diese Zeit aber nicht – und deshalb müssen wir auch an dieser Stelle völlig neu denken und zu unkonventionellen Lösungen bereit sein.
Diese Lösung besteht im Repowering derjenigen Windkraftflächen, die mit alten Windkraftanlagen bebaut sind, die noch Bestands-schutz genießen, am Ende ihrer Lebensdauer aber ersatzlos abgerissen werden müssen, da die Flächen die Kriterien der Windplanung nicht erfüllen. Dieser Umstand war schon bei der jüngsten Windplanung ein großes Ärgernis, denn es ist doch überhaupt nicht einzusehen, dass dort wo die Akzeptanz vorhanden ist und wo vor allem auch schon Leitungen und Anschlüsse liegen, ein Rückbau erfolgen soll. Mit den derzeitigen bundesgesetzlichen Vorgaben der Raumordnung lässt sich dieses Problem gleichwohl nicht auflösen.
Deshalb brauchen wir auch an dieser Stelle eine bundesgesetzliche Regelung, die die Grundsätze der Raumordnung soweit außer Kraft setzt, dass ein Repowering auf diesen Flächen möglich wird.
Bundeswirtschaftsminister Habeck hat ein solches Bundesgesetz bei seinem Antrittsbesuch in Schleswig-Holstein erfreulicherweise zugesagt und war sich darin mit unserem Ministerpräsidenten völlig einig. Das ist genau der richtige Weg, anstatt jetzt eine Diskussion über 3 Prozent der Landesfläche zu führen, von der wir genau wissen, dass sie zigtausende von Einsprüchen und jahrelange Planungsverfahren mit sich bringen wird.
Meine Damen und Herren, die Auswirkungen des Ukraine-Krieges sind aber nicht alleine auf den Energiesektor begrenzt.
Die Ukraine ist der fünftgrößte Weizenexporteur der Welt mit einem Marktanteil von rund 8 Prozent. Es steht zu befürchten, dass die komplette Ernte dieses Jahres ausfällt, da mitten im Krieg weder gesät noch geerntet werden kann.
Noch problematischer wird es, wenn man versuchen würde, auch auf die russischen Weizenlieferungen zu verzichten, die mehr als doppelt so hoch sind wie die ukrainischen und damit einen Weltmarktanteil von fast 18 Prozent erreichen. Und selbst wenn nur Teile dieser Exporte ausfallen, dürfte das ausreichen, um die Nahrungsmittelpreise weltweit ähnlich in die Höhe schießen zu lassen, wie wir es derzeit mit den Energiepreisen erleben.
Der Ukraine-Krieg besitzt somit das Potential einer weltweiten Nahrungsverknappung, die in vielen Teilen der Erde auch zu Hungersnöten führen könnte. Deshalb müssen wir nicht nur in der Energieversorgung, sondern auch bei der Nahrungsmittelproduktion völlig neu denken und Maßnahmen ergreifen, um die Nahrungsmittelproduktion im eigenen Land zu erhöhen.
Die im Rahmen der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik geforderte vierprozentige Flächenstilllegung passt da einfach nicht mehr in die Zeit.
Im Gegenteil: Wir müssen dafür sorgen, dass stillgelegte Flächen vorübergehend wieder in die Bewirtschaftung genommen werden, denn nur so lässt sich die Nahrungsmittelproduktion kurzfristig steigern.
Aus dem gleichen Grund müssen wir beim Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik sehr darauf aufpassen, dass dieses nicht zu Lasten guter Ackerböden geht. Die Erzeugung erneuerbarer Energien darf nicht zu Lasten der Ernährung erfolgen.
Und was ich vorhin zur Wertschätzung gegenüber unseren Soldatinnen und Soldaten gesagt habe, gilt gleichermaßen auch für die Landwirtschaft.
Wenn bislang eine ausreichende, ja sogar im Überfluss vorhandene Lebensmittelversorgung für uns selbstverständlich war, so werden wir jetzt feststellen, wie unendlich dankbar wir unseren Bäuerinnen und Bauern gegenüber sein können, dafür dass sie uns jeden Tag mit Lebensmitteln versorgen.
Meine Damen und Herren, der russische Angriff auf die Ukraine hat alles verändert. Er hat nicht nur die Sicherheitsarchitektur in Europa zerstört, er betrifft uns mit der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen, bei Energiepreisen, bei Nahrungsmitteln und vielem mehr ganz direkt persönlich.
Besondere Situationen erfordern auch besondere Maßnahmen. Lassen sie uns diese mutig angehen, dann werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen meistern - mögen sie auch noch so schwer sein.
Herzlichen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel