Sondervermögen | | Nr. 106/23
TOP 1: Aktuelle Stunde zu einem schuldenfinanzierten Sondervermögen Klimaschutz
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
der Antrag der Opposition zu einer Aktuellen Stunde ist schon etwas erstaunlich.
Der Ministerpräsident hat in seinem Pressestatement am vergangenen Freitag zutreffend darauf hingewiesen, dass die grüne Position keine ganz Neue ist.
Beispielhaft sei auf das Interview von Monika Heinold im shz vom 1. März 2022 verwiesen – also noch zu Jamaika-Zeiten vor der Landtagswahl. Unter der Überschrift „Die Energiewende darf nicht am Geld scheitern“, sprach sich Monika Heinold bereits damals mit Blick auf das kreditfinanzierte 100 Milliarden Sonderver-mögen für die Bundeswehr dafür aus.
Ich zitiere: „dass es mit gleicher Entschlossenheit Investitionen in den Klimaschutz geben muss“ Zitat Ende.
Ihr Plädoyer für eine Änderung der Schuldenbremse hin zu größeren Verschuldungs-möglichkeiten hat die Finanzministerin am 10. Februar dieses Jahres anlässlich der Nord-Finanzministerkonferenz in Hamburg öffentlich wiederholt – ohne dass dies Anlass für eine Aktuelle Stunde in der Februar Landtagssitzung gewesen wäre.
Die in der vergangenen Woche von Monika Heinold bekundete Sympathie für ein kreditfinanziertes Sondervermögen für Klimaschutz steht somit in Kontinuität zu den gemachten Äußerungen in der Vergangenheit.
Es handelt sich somit um keine Neuigkeit, die Anlass für eine Aktuelle Stunde in dieser Tagung bietet, denn es gibt in dieser Hinsicht auch überhaupt nichts klarzustellen.
Trotz dieser Meinungsäußerungen gilt nämlich der zwischen CDU und Grünen geschlossene Koalitionsvertrag. Ich darf daraus zitieren:
„Wir werden die im Grundgesetz und in der Landesverfassung verankerte Schuldenbremse einhalten und umsetzen. Unser Ziel sind strukturell ausgeglichene Haushalte für die gesamte Legislaturperiode.“ Zitat Ende.
Ich denke, das Zitat ist klar und eindeutig: Eine Änderung der Schuldenbremse wird es für die Dauer der Gültigkeit des Koalitionsvertrages zwischen CDU und Grünen nicht geben. Das ist Punkt eins meiner Antwort.
Von Seiten der FDP wird nun in diesem Zusammenhang die Frage in den Raum gestellt, ob die Koalition möglicherweise beabsichtige, im Rahmen der bestehenden Regelungen zur Schuldenbremse den Klimaschutz mittels Notkredit zu finanzieren.
Auch an dieser Stelle bedarf es aber keiner weiteren Klarstellungen. Ich darf ausnahmsweise aus meiner eigenen Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfes im Januar dieses Jahres zitieren:
„Ein kreditfinanzierter 10 Milliarden Euro Transformationsfonds scheitert bereits an der Verfassungsmäßigkeit. Anders als die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg ist der Klimawandel kein überraschendes, externes Ereignis, welches plötzlich zu bewältigen ist und dadurch der Einflussnahme und der Kontrolle des Staates entzogen ist.
Genau hierin besteht aber die verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Aufnahme von Notkrediten. Für die Bekämpfung des Klimawandels bis zum Jahr 2040 bestehen hingegen auch ohne Einsatz von Notkrediten alle notwendigen politischen Gestaltungsmöglichkeiten.“ Zitat Ende.
In ähnlicher Weise hat sich der Kollege Petersdotter – trotz gegenläufiger eigener Interessen – bereits im September 2022 geäußert, als auch er auf die verfassungs-rechtlichen Voraussetzungen für die Aufnahme von Notkrediten hingewiesen hat.
Auch hier darf ich aus dem Plenarprotokoll zitieren: „Die Frage, ob sie sich der staatlichen Kontrolle entzieht, ist bei der Klimakrise sehr umstritten. Deswegen gab es diverse Anhörungen dazu. Ich kenn bislang nur eine Stellungnahme aus einer Anhörung der Bürgerschaft in Bremen, die gesagt hat: Das könnte man mal versuchen. Alle anderen Rechtsauffassungen sind bisher zu dem Ergebnis gekommen, man könne für Prävention gegen die Klimakrise keine Kredite aufnehmen“. Zitat Ende.
Auch die von der FDP aufgeworfene Frage ist damit bereits hinlänglich beantwortet:
Auf Basis der bestehenden Regelungen zur Schuldenbremse sehen weder CDU noch Grüne die Möglichkeit zur Aufnahme von Notkrediten zugunsten des Klimaschutzes.
Noch prägnanter hat es der Kollege Lars Harms für den SSW formuliert, den ich deshalb an dieser Stelle mit den treffenden Worten zitieren darf: „Man kann nicht für jedes Problem einen Notkredit aufnehmen“.
Dem ist nichts hinzuzufügen und das ist Punkt zwei meiner Antwort.
Ich will noch einen dritten Punkt deutlich machen. Denn wenn die Opposition davon spricht, dass es vor der Verabschiedung des Haushaltes Klarheit darüber brauche, wie die Koalition zu neuen Schulden stehe, dann ist der Haushalt selbst die beste Antwort darauf.
Der Haushalt hält die Regeln der Schuldenbremse ein. Der Abstand zur Verfassungs-grenze beträgt mehr als 10 Millionen Euro. Eine Kreditaufnahme erfolgt nur im Rahmen der zulässigen Konjunkturkomponente, wie sie vom Bund vorgegeben ist.
Hätten wir etwas anderes gewollt, dann hätten wir es in den Haushaltsentwurf hinein-geschrieben. Das ist aber nicht der Fall und deshalb fällt auch diese dritte Antwort klar und eindeutig aus.
Aber auch ohne Änderung der Schuldenbremse enthält der neue Landeshaushalt vieles, was unser Land der Klimaneutralität näherbringt:
Zumindest habe ich die Einführung des Deutschland-Tickets im ÖPNV bislang immer als Beitrag zum Klimaschutz verstanden und dessen Einführung finanzieren wir mit 50 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt.
Aus dem pm-Mittel sind rund 26 Millionen z.B. für das Wasserstoffprojekt „HySCALE100“ und für das Pilotprojekt „Smile 24“ zur klima-neutralen Mobilität in der Schleiregion reserviert. Die verbleibenden 174 Millionen Euro stehen für ggf. erforderliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ansiedlung der Batteriezellenfabrik von Northvolt zur Verfügung.
Und der Haushalt beinhaltet die Umsetzung des 8-Punkte-Entlastungspakets der Landesregierung.
Mit knapp 200 Millionen Euro fördern wir den Ausbau kommunaler Wärmenetze, die Umstellung auf erneuerbare Energien in privaten Haushalten und die Dekarbonisierung der Industrie.
Allein aus den drei genannten Bereichen sind somit rund 450 Millionen Euro für Klimaschutz im Landeshaushalt enthalten.
Wer wie die SPD Milliardensummen für den Klimaschutz propagiert, der hätte das auch mit seinen eigenen Haushaltsanträgen untermauern müssen. Das ist aber nicht der Fall, nicht bei der SPD, nicht beim SSW und die FDP streicht sogar ersatzlos das Klimaschutzprogramm für Bürgerinnen und Bürger.
Alternativen zum Schwarz-Grünen Haushalts-entwurf hat die Opposition damit in Sachen Klimaschutz jedenfalls nicht vorgelegt
Meine Damen und Herren, bleibt abschließend noch die Frage, ob zwischen dem Ziel, klimaneutrales Industrieland zu werden, und der Einhaltung der Schuldenbremse überhaupt ein Widerspruch besteht, so dass sich die Landesregierung diesbezüglich erklären müsste, wie es die SPD fordert.
Dazu sage ich Ihnen, beide Ziele sind allenfalls dann ein Widerspruch, wenn man einer fatalen Staatsgläubigkeit folgt, wie es die SPD tut, indem man meint, dass sich Klimaschutzziele nur mit Milliardensummen an zusätzlichen Schulden aus öffentlichen Haushalten erreichen lassen.
Aus dem Landeshaushalt müssen wir die eigenen Klimaschutzziele bei Landesliegen-schaften und beim Schienenpersonennahverkehr erfüllen. Beides sind unsere originären Zuständigkeiten.
Außerdem braucht es in einigen Bereichen Anreize und Anschubfinanzierungen, so wie wir das mit den genannten Beispielen im Landeshaushalt auch umsetzen.
Darüber hinaus verfügt der Staat über ordnungsrechtliche Möglichkeiten, wie es z.B. mit der eingeführten Solardachpflicht beim Neubau von Nicht-Wohnungsgebäuden in der letzten Wahlperiode der Fall gewesen ist.
Wenn diese Rahmenbedingungen staatlich gesetzt sind und ggf. erforderliche Anreize und Startimpulse mit öffentlichen Geldern vorgenommen wurden, dann müssen anschließend aber wieder marktwirtschaftliche Prinzipien greifen, denn staatliche Planwirtschaft ist nicht der richtige Kompass, um damit die Zukunft zu gestalten.
Das gilt um so mehr, als dass wir auch eine technologische Entwicklung erleben werden. Allein schon deshalb verbietet es sich gerade zu, auf Basis der heutigen technologischen Möglichkeiten Pläne in Milliardenhöhe für die nächsten Jahre festzulegen.
Auf Basis der bestehenden Schulden des Landes prognostiziert das Finanzministerium bereits jetzt einen Anstieg der jährlichen Zinsausgaben auf 1,2 Milliarden Euro innerhalb der nächsten Jahre.
Zusätzliche Schulden für einen per Kredit finanzierten Transformationsprozess würde den Landeshaushalt deshalb sehr schnell an seine Belastungsgrenze bringen. Und damit wäre niemanden im Land gedient, weder den Menschen noch dem Klimaschutz.
Herzlichen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel