Abgeordnetengesetz | | Nr. 237/21
TOP 11: Größtmögliche Transparenz gewährleistet
Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
auf Initiative von CDU/CSU und SPD hat der Deutsche Bundestag in diesem Jahr das Abgeordnetengesetz geändert und damit die Konsequenzen aus der sogenannten Maskenaffäre in der Corona-Krise gezogen.
Obwohl bei uns in Schleswig-Holstein keinerlei derartigen Vorkommnisse zu verzeichnen sind, war für uns klar, dass wir hinter diesen Maßstäben nicht zurückbleiben wollen. Mit dem heutigen Gesetzentwurf würde ich sogar sagen, dass unsere Regelungen noch besser sind als die des Bundestages.
Besser, weil die Gesetzesinitiative von allen fünf Fraktionen gemeinsam ausgeht und damit den breitestmöglichen Konsens darstellt.
Besser vor allen Dingen aber auch in einer Reihe von Detailfragen, auf die ich gleich noch exemplarisch eingehen werde.
Entscheidend ist aber zunächst einmal zu betonen, dass das Kernstück beider Gesetzvorhaben identisch ist: Für Abgeordnete ist es zukünftig unzulässig, die Interessen Dritter gegenüber der Regierung oder dem Parlament zu vertreten und sich dafür bezahlen zu lassen.
Das sollte eigentlich eine absolute Selbstverständlichkeit sein, denn wie ließen sich solche Vorgänge anders bezeichnen als mit den Worten Bestechung und Korruption.
Abgeordneten, deren moralischer Kompass an dieser Stelle versagt hat, denen wird mit der gesetzlichen Regelung jetzt nachgeholfen.
Wie schon gesagt hat es solche Fälle erfreulicherweise in Schleswig-Holstein bislang nicht gegeben, und mit diesem Gesetz soll das auch in Zukunft so bleiben.
Meine Damen und Herren, daneben werden einige weitere Sachverhalte geregelt, bei denen ebenfalls leicht der Verdacht entstehen kann, dass hier Einfluss auf die Abgeordneten genommen werden soll.
Um auch in diesen Fällen für größtmögliche Klarheit zu sorgen, haben wir uns um möglichst präzise Formulierungen bemüht und weichen deshalb an der ein oder anderen Stelle von der Bundesvorlage ab, was aber tendenziell dazu führt, dass die Regelungen in Schleswig-Holstein sogar strenger ausfallen als auf Bundesebene.
Lassen Sie mich das an zwei Beispielen deutlich machen:
Nach dem Abgeordnetengesetz des Bundestages ist die Entgegennahme von Geldspenden zukünftig unzulässig, wenn diese bei der oder dem Abgeordneten verbleiben sollen.
In Schleswig-Holstein gehen wir darüber hinaus und erklären jedwede Entgegenahme von Spenden durch Abgeordnete für unzulässig, egal ob die Spende beim Abgeordneten verbleibt, oder von diesem an seine Partei weitergeleitet werden soll.
Mit dieser eindeutigen und unmissverständlichen Regelung vermeiden wir jede Art von Zweideutigkeit - sowohl von falschen Anschuldigungen als auch von nachträglichen Ausreden.
Ähnlich verhält es sich mit Vorträgen, die ein Abgeordneter in Ausübung seines Mandates hält und deren Bezahlung nach dem Abgeordnetengesetz des Bundestages für unzulässig erklärt wird.
Ein Abgeordneter wird für die Ausübung seines Mandates bereits vom Steuerzahler bezahlt – und das in angemessener Höhe.
Eine zusätzliche Bezahlung durch den Veranstalter ist deshalb nicht erforderlich. Eine solche Zuwendung erfüllt daher eher den Tatbestand der Bestechung und Korruption, weil der Verdacht naheliegt, dass mit einer solchen Zahlung Einfluss auf die inhaltliche Position des Abgeordneten genommen werden soll.
Das Verbot von bezahlten Vorträgen im Rahmen der Abgeordnetentätigkeit ist deshalb im Gesetz des Bundestages vollkommen richtig.
Es ließe sich allerdings leicht umgehen, indem der Vortrag in eine Diskussionsrunde oder ein Talkformat umgewandelt wird. Deshalb formulieren wir in unserem Gesetzentwurf präziser und umfangreicher, dass nicht nur Vorträge, sondern auch Diskussionsveranstaltungen und Medienauftritte gegen Entgelt unzulässig sind, wenn sie einen unmittelbaren und überwiegenden Mandatsbezug aufweisen.
Meine Damen und Herren, der dritte große Regelungskomplex lässt sich mit dem Stichwort „Auf Euro und Cent genau“ beschreiben – gemeint sind also die Anzeige- und Veröffentlichungspflichten bei Nebentätigkeiten.
Die auf Euro und Cent genaue Anzeigepflicht gegenüber dem Landtagspräsidenten besteht in Schleswig-Holstein bereits heute.
Um die Missbrauchskontrolle zu erleichtern, wird zukünftig auch der Ältestenrat Einblick in diese Zahlen erhalten.
Zudem gehen wir inhaltlich über die Anzeigepflichten des Bundestages hinaus, indem wir auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einbeziehen. Hier können nämlich genauso persönliche Interessen und Befangenheiten bestehen wie bei der Ausübung von Nebentätigkeiten.
Anders als der Bundestag sehen wir für die Veröffentlichung allerdings weiterhin ein Stufenmodell vor, bei dem die Nebeneinkünfte eines Abgeordneten einer Einkommensstufe zugeordnet werden und anschließend diese Einkommensstufe veröffentlicht wird.
Damit schützen wir die Betriebs- und Vertragsgeheimnisse von Freiberuflern, Selbständigen und Landwirten, weil es uns wichtig ist, dass auch diese Berufsgruppen weiterhin im Landtag vertreten sind.
Um die Interpretation der Einkommensstufen zu erleichtern und Missverständnissen vorzubeugen, werden wir die Bandbreiten der Einkommensstufen jedoch erheblich reduzieren.
Meine Damen und Herren, auch an dieser Stelle haben wir damit unter Berücksichtigung aller Aspekte - glaube ich - eine bessere Regelung gefunden als der Bundestag.
Mein Dank dafür gilt allen Fraktionen und insbesondere denjenigen Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieses Gesetzesvorhaben gemeinsam erarbeitet haben.
Ich freue mich nunmehr auf die weiteren Ausschussberatungen sowie die dazugehörigen Anhörungen. Klar ist, dass wir dieses Gesetz auf jeden Fall noch vor der Landtagswahl verabschieden wollen, damit das Regelwerk mit Beginn der neuen Legislaturperiode in Kraft treten kann.
Herzlichen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel