Binnenmarkt | | Nr. 206/18

(TOP 12) Diesem Antrag können wir nicht zustimmen

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

bevor ich mich inhaltlich mit dem Antrag der AfD auseinandersetze, möchte ich eine grundsätzliche Sache voranstellen:

Egal, wie man zu diesem Antrag steht: als Abgeordneter dieses Parlaments halte ich den Zeitpunkt, wann wir uns damit beschäftigen - insbesondere auch gegenüber der Öffentlichkeit - für verbesserungswürdig.

Denn bereits am vergangenen Freitag hat der Bundesrat schon über den Richtlinien-Vorschlag über Verbandsklagen und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen abgestimmt - und dabei eine Stellungnahme gemäß Artikel 12b des Vertrages über die Europäische Union nicht beschlossen. Kurz gesagt: der Bundesrat hatte keine Bedenken hinsichtlich des Subsidiaritätsprinzips.

Aber gut – die inhaltliche Auseinandersetzung und Verbesserung zu diesem Vorschlag wird bald erfolgen. Damit kein Missverständnis entsteht, möchte ich eines deutlich machen:

Ja, wir benötigen weitere Verbesserungen beim Schutz und bei der Rechtsdurchsetzung von Verbrauchern. Zu oft erleben wir es, dass Verbraucher in Einzelfällen geschädigt werden, sie aber von berechtigten Schadensersatz- oder Erstattungsansprüchen absehen, weil der dafür notwendige Aufwand aus ihrer Sicht zu hoch erscheint. Hinzu kommt, dass Betroffene nach einem gescheiterten Streitschlichtungsverfahren Klagen nicht mehr einreichen, weil auch hier der Aufwand zu hoch erscheint oder das Streitschlichtungsverfahren schon zu viel Mühe und Nerven gekostet hat.

Deswegen begrüße ich im Prinzip auch, dass die Bundesregierung hier tätig wird und sogenannte Musterfeststellungsklagen einführen will. Damit erhalten eingetragene Verbraucherschutzverbände die Möglichkeit, zugunsten von mindestens 10 Verbrauchern das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen anspruchsbegründender oder anspruchsausschließender Voraussetzungen feststellen zu lassen. Und Verbraucher sollen dabei auch die Möglichkeit erhalten, Ansprüche anwaltsfrei in ein Klageregister eintragen zu lassen. Wenn es gelingt, und das ist mir ganz wichtig, wenn es gelingt, im Gesetzgebungsverfahren die Bedenken von Unternehmen hinsichtlich möglicher Klagewellen auszuräumen, halte ich dies für einen vernünftigen Weg, um die Rechte der Verbraucher zu schützen.

Als Fraktion unterstützen wir grundsätzlich den Weg der EU, Verbraucherrechte in der Europäischen Union zu stärken. Kritisch sehen wir aber den vorliegenden Richtlinienvorschlag über Verbandsklagen.

Unsere Kritik richtet sich dabei an zwei Aspekte. Ich meine, zum einen ist die Rechtsgrundlage für den Richtlinienvorschlag – nämlich das Berufen auf die Binnenmarktklausel nach Artikel 114 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – nicht ausreichend: Denn es gibt einfach keine konkrete Beeinträchtigung des EU-Binnenmarktes in dieser Frage. Die EU hätte aus unserer Sicht explizit darlegen müssen, wo genau Wettbewerbsverzerrungen oder Handelshemmnisse entstehen, weil die Rechtsordnungen in den Mitgliedstaaten unterschiedlich sind. Die bloße Feststellung reicht einfach nicht aus.

Und Zweitens. Aus unserer Sicht ist der Richtlinien-Vorschlag ein erheblicher Eingriff in die Struktur des nationalen Zivilprozessrechts, der Anwendungsbereich würde massiv erweitert. Und es entstünde ein massiver Anpassungsdruck auf die nationale Zivilprozessordnung; und zwar auch in solchen Bereichen, die eigentlich nicht von diesem Vorschlag vorgesehen sind.

Ein Beispiel dafür ist die Idee, Schadensersatzzahlungen nicht an die Geschädigten, sondern an Dritte, wie etwa gemeinnützige Vereine, zu zahlen. Damit würde man sich doch sehr, sehr weit von unserem Schadensersatzrecht entfernen, bei dem es um Kompensation für den Geschädigten und nicht um Sanktionen des Schädigers geht.

Mit unserer Kritik setzen wir uns dabei aber deutlich von dem vorliegenden Antrag der AfD ab, denn dieser ist wieder einmal geprägt von grundsätzlichem Misstrauen gegenüber Brüssel; vor allem ist der Antrag viel zu oberflächlich und ohne konkrete rechtliche Begründung.

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, lehnen wir diesen Antrag auch ab! Was sollten wir also tun?

Erstens: Die von mir angesprochenen Musterfeststellungsklagen sollten verbraucher- und unternehmensfreundlich auf den Weg gebracht werden.

Zweitens: Wenn man damit Erfahrungen gesammelt hat, sollten wir ergebnisoffen prüfen, welche weiteren Instrumente – über diese Feststellungsklagen hinaus – gegebenenfalls in Deutschland notwendig oder sinnvoll sind.

Und Drittens: Solange hier keine konkreten Ergebnisse vorliegen, müssen wir darauf hinwirken, dass die EU-Richtlinie nicht über das hinausgeht, was wir zum Schutz der Verbraucher in Deutschland planen. Denn der EU-Vorschlag würde mehr Probleme für die Rechtslandschaft in Deutschland schaffen, als es Nutzen für unsere Verbraucher bringt.

Herzlichen Dank.

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Pressesprecher
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel
Telefon: 0431/988-1440

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