Landwirtschaft | | Nr. 18/24
TOP 17 u.a.: Die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein leistet großartige Arbeit
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Landtagspräsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wer in den letzten Wochen auf den Straßen in diesem Land unterwegs war, hat sie überall gesehen. Landwirte und Landwirtinnen mit ihren Treckern.
Die Bauernproteste der vergangenen Wochen waren beeindruckend und sie dauern an. Aufhänger waren die – quasi über Nacht – getroffenen Pläne, die Agrardieselrückvergütung sowie die Kfz-Steuerbefreiung, die sogenannte „Grüne Nummer“, ersatzlos zu streichen. Ohne vorherige Ankündigung, ohne vorherige Gespräche mit der Branche und scheinbar auch ohne vorher über die damit verbundenen Konsequenzen nachzudenken.
Ja, wir wissen alle genau, dass der Staat, sei es auf Bundes- oder Landesebene, sparen muss. Die Diskussionen am heutigen Vormittag haben dies eindrücklich gezeigt. Aber das Sparpläne einseitig zulasten einer Berufsgruppe durchgeführt werden, ist beispiellos und war für die Landwirtschaft der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.
Auch die Teileinsicht der Bundesregierung, dass die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung viel Bürokratie nach sich ziehen würde und somit keine gute Idee ist, sowie die schrittweise Reduzierung der Agrardieselrückvergütung bis 2026, haben die Branche nicht befriedet. Ich kann den Ärger verstehen und stehe klar hinter den friedlichen und demokratischen Protesten unserer Bäuerinnen und Bauern.
Wer in den letzten Wochen die Proteste mit offenen Augen verfolgt hat, hat gesehen, dass in den kilometerlangen Konvois nicht mehr nur Trecker vertreten sind, mehr und mehr reihen sich LKWs, Handwerkswagen und viele Akteure des gesamten Mittelstandes ein. Dies sieht man auch, wenn man diese Veranstaltungen besucht. Und die Landwirte und Landwirtinnen berichten uns über viel positive Resonanz aus der breiten Öffentlichkeit, wie Zuspruch auf Plakaten am Straßenrand oder der nach oben gereckten Daumen des wartenden Autofahrers.
Dies alles sollte uns allen, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu denken geben. Mehr noch, wir müssen diesen Unmut in breiten Teilen der Bevölkerung sehr ernst nehmen. Und es wird der Sache nicht gerecht, wenn durch einzelne negative Vorkommnisse, von denen sich zurecht alle Akteure und auch wir, ganz klar distanzieren, von den Sorgen, den Inhalten und politischen Forderungen abgelenkt wird.
Wie gesagt, die Sparpläne waren nur der Auslöser. Es gibt viel mehr, dass den Landwirtinnen und Landwirten auf der Seele brennt und das endlich angepackt werden muss. Die landwirtschaftliche Branche ist in den letzten Jahren mit Vorschriften, Gesetzen und Verordnungen auf EU-, Bundes- und auch Landesebene in einem Tempo überzogen worden, dass einem schwindelig werden kann.
Und die Landwirtschaft wird für so viele Aufgabenfelder verantwortlich gemacht. War früher die Lebensmittelversorgung, qualitativ auf höchstem Niveau zu günstigen Preisen, die Hauptaufgabe, kamen in den Jahren unter anderem Umweltschutz, Tierwohl, Energieerzeugung, Biodiversitätsleistungen und Klimaschutz hinzu. Aber günstige Lebensmittel sollen sie bitte immer noch erzeugen.
Die Landwirtschaft hat sich immer allen Herausforderungen gestellt, sich im Laufe der Zeit stark gewandelt und ist eine innovative, hochtechnisierte Branche mit erstklassig ausgebildeten Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern. Diese müssen wir schützen und uns dafür einsetzen, dass sie diese, von der Gesellschaft gewollten, Leistungen auch erfüllen können. Und dafür müssen wir Lösungen finden und anbieten.
Die Landwirtschaft wird z.B. auch im Bereich des Klimaschutzes und der Klimaanpassung gefordert sein. Und wir müssen auch bei Themen wie der Gans weiterkommen, nachdem wir beim Wolf schon ein gutes Stück weitergekommen sind.
Schaffen wir es nicht in den verschiedenen Feldern praktikable Lösungen anzubieten,
- verlieren wir immer mehr unsere Landwirte und Landwirtinnen,
- verlieren wir die heimische Produktion von Lebensmitteln und stärken den Import mit allen bekannten Nebeneffekten
- und schwächen damit massiv den ländlichen Raum.
Das können wir nicht wirklich wollen.
Und daher müssen wir ganz genau prüfen, wie wir die heimische Landwirtschaft hier entlasten können, welche Stellschrauben das Landesrecht hat und diese auch anpacken.
Natürlich gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass viele Regelungen an Auflagen aus Brüssel oder Berlin hängen. Und trotzdem müssen wir ganz genau schauen, am besten mit dem Blick aus der Praxis gemeinsam,
- wo Regelungen überflüssig sind,
- wo Digitalisierung das Ausdrucken und Abheften von Zetteln unnötig macht und
- wo Fristen verändert werden können,
um den enormen Druck, der auf den Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern lastet, zu erleichtern.
Diese Frage müssen wir uns auch bei jeder neuen Auflage stellen.
- Ist das wirklich nötig?
- Hilft eine Verknüpfung mit einer vorhandenen Datenbank?
- Können und wollen wir das überhaupt noch kontrollieren?
Und bei vielen bereits bestehenden Gesetzen und Verordnungen müssen wir auch geduldiger werden. Die Landwirtschaft arbeitet mit Jahreszeiten und in Tiergenerationen. Bis manche gesetzliche Regelung ihre Wirkung entfalten dauert es einfach. Es ist nicht zielführend nach zu kurzen Zeiten verfrühte Rückschlüsse zu ziehen und dann mit unnötigen Verschärfungen weiteren Druck aufzubauen.
Einige Regionen stehen vor besonderen Herausforderungen, dazu gehören bei uns im Land speziell die Niederungen.
Um diese ökonomisch sicher in die Zukunft führen zu können, wollen wir, neben dem freiwilligen Landtausch, ein bereits seit Jahrzehnten genutztes Mittel wieder neu beleben. Die Flurbereinigung wurden in vielen Teilen des Landes in den 60er, 70er und 80er Jahren durchgeführt und hat großen Anteil daran, dass wir in Schleswig-Holstein heute eine starke Agrarwirtschaft haben.
Die Flurbereinigung ist aber auch nicht ohne Kritik und daher müssen wir aus der Vergangenheit lernen. Um zum Beispiel sehr langen Verfahrensdauern zu umgehen, muss auch das verkürzte Verfahren möglich sein. Außerdem sollten die Erfahrungen der Landgesellschaft mit ihrer Nähe zu den Regionen einbezogen werden und darüber hinaus die hierfür im Rahmen der Biodiversitätsstrategie vorgesehenen Stellen eingesetzt werden.
Dann können die großen Stärken dieses Verfahrens, der Grundsatz der Freiwilligkeit und die Tatsache, dass alle Beteiligten gleichberechtigt, auf Augenhöhe im Verfahren sind. Wir wissen alle, die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein leistet großartige Arbeit und es ist unser klares Ziel sie dabei und bei den zukünftigen Herausforderungen bestmöglich zu unterstützen.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel