Vorkaufsrecht | | Nr. 121/23
TOP 23: Herausforderungen der Flächenkonkurrenz gemeinsam angehen
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Abgeordnete,
das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht in Schleswig-Holstein ist im September 2016 eingeführt worden. Und es hat seit Beginn zu viel Kritik und Unmut bei den Betroffenen gesorgt.
Und ich verstehe, dass das Vorkaufsrecht vielen ein Dorn im Auge ist. Suggeriert es den Landwirtinnen und Landwirten, dass es jemanden gibt, der es besser kann. Außerdem ist die Entscheidung Land zu verkaufen – aus welchen Gründen auch immer - eine hoch emotionale und daher ist zu verstehen, dass ein Eingriff in die Entscheidungsfreiheit hier sehr kritisch gesehen wird.
Ich mache auch keinen Hehl daraus, dass es in den Koalitionsvereinbarungen hierzu unterschiedliche Auffassungen gab. Aus diesem Grund haben wir den Jamaika-Kompromiss, den sie lieber Herr Kumbartzky, ebenfalls unterschrieben haben, auch in dieser Koalition nun weitergetragen.
Das Vorkaufsrecht für den Naturschutz ist seit Jahren auf jährlich 100 ha gedeckelt. Dies wurde nie ausgeschöpft. Schauen wir auf die blanken Zahlen, so wurde seit 2016 insgesamt 369,15 ha in gesamt 205 Vorkaufsfällen für den Naturschutz gekauft, dies ergibt eine durchschnittliche Flächengröße unter 2 ha.
Der weit überwiegende Teil von 310,57 ha wurde für die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein vorgekauft. Auch dieses sorgt für Unmut bei den Betroffenen.
1978 begann die Arbeit der Stiftung Naturschutz auf einer Fläche von zwei Fußballfeldern, heute gehört ihr über 2% der Landesfläche. Und genau diese Entwicklung wird im Land sehr unterschiedlich wahrgenommen.
Auf der einen Seite ist es ein Erfolg für den Naturschutz, um den uns andere Bundesländer beneiden.
Auf der anderen Seite wird immer wieder an uns herangetragen, dass es vor Ort zu Konflikten und Kritik an Wirtschaftsweisen und Auftreten kommt.
Aber welches Problem steckt hinter dieser Auseinandersetzung?
Die Tatsache, dass täglich landwirtschaftliche Fläche aus der Produktion genommen wird, hat sehr unterschiedliche Gründe: Sei es neue Wohnbebauungen, neue Gewerbegebiete, Flächen für Erneuerbare Energien, Flächen für Infrastruktur oder ja, auch für Ausgleich und Naturschutz.
Und um diese Flächenkonkurrenz geht es doch im eigentlichen Sinne. Und diese Flächenkonkurrenz ist zu komplex, um einfach Lösungen aufzuzeigen.
- Natürlich brauchen wir Flächen für neue Wohnungen – denn Wohnraum ist knapp und teuer.
- Natürlich brauchen wir Flächen für Gewerbe, damit wir eine starke Wirtschaft haben und klimaneutrales Industrieland werden können.
- Natürlich brauchen wir Fläche für Erneuerbare Energien, damit wir von fossilen Energien unabhängig und klimaneutral werden können.
- Natürlich brauchen wir Flächen für Infrastruktur, sei es für Straßen oder Schulen.
- Natürlich brauchen wir auch Flächen für den Natur- und Artenschutz.
Aber – wir brauchen auch Flächen für Lebensmittelversorgung und Ernährungssicherheit. Denn Schleswig-Holstein ist eine Gunstregion für Landwirtschaft. Und die letzten Monate haben uns gezeigt, wie schwierig Importabhängigkeiten sein können.
Diese Herausforderung der Flächenkonkurrenz müssen wir angehen.
Und für die zukünftigen Herausforderungen ist es notwendig, dass der Naturschutz als Partner auf Augenhöhe angesehen wird und daher müssen Kritiken ernst genommen und thematisiert werden. Aber für diese Herausforderung ist der Antrag der FDP schlichtweg zu kurz gedacht.
Der Ansatz eines Runden Tisches zum Thema Flächentausch ist grundsätzlich nachvollziehbar, obwohl es mich wundert, da es von Seiten der Opposition normalerweise schon beim Wort „Runder Tisch“ Hohn und Spott hagelt.
Trotzdem müssen wir das Thema Flächennutzung und –entwicklung in unserem Land genau betrachten und werden dies auch tun. Fest steht, dass wenn es vor Ort Konflikte gibt, diese auch besprochen werden müssen.
Um die große Konkurrenz um die vorhandene Fläche nicht gegeneinander auszuspielen und die Fronten weiter verhärten zu lassen, müssen wir hier größer und langfristiger denken. Daher begrüße ich es, dass demnächst ein gemeinsames Gespräch der beiden betroffenen Ministerien mit der Stiftung Naturschutz und den Landwirtinnen und Landwirten stattfindet.
Ihrem Antrag werden wir heute aber aus den genannten Gründen nicht zustimmen.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel