Mathe | | Nr. 360/22
TOP 26: Gute Politik sollte sich an der Wissenschaft orientieren
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
bei unseren Viertklässlern herrschen große Bildungslücken vor – Experten sprechen von alarmierenden Zuständen. Zu viele Kinder verlassen die Grundschulen ohne die Mindeststandards in Deutsch und Mathe zu erreichen.
Die ernüchternden Ergebnisse des IQB-Bildungstrends müssen uns ein Weckruf sein! Der Fokus muss in unseren Schulen wieder auf den Basiskompetenzen liegen.
Deshalb: Lesen, Schreiben und Rechnen statt Fächer wie „Glück“ oder „Nachhaltigkeit“. Das hat unsere Ministerin ganz richtig gesagt!
Die Gründe haben uns in der letzten Landtagssitzung ausführlich beschäftigt – nun soll der Fokus darauf liegen, was zu tun ist.
Am Freitag wurde ein Gutachten der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission für die KMK veröffentlicht, in dem Experten Maßnahmen vorschlagen, um den Negativtrend an deutschen Schulen umzukehren.
Wenig überrascht hat mich, dass viele der Maßnahmen bereits fester Bestandteil der schwarz-grünen Planungen in Schleswig-Holstein sind.
Während sich im vorliegenden SPD-/SSW- und FDP-Antrag explizit gegen mehr Mathestunden ausgesprochen wird, empfehlen die Experten mindestens sechs Stunden Deutsch und fünf Mathematik pro Woche.
Die Stoßrichtung ist also klar: Mehr Unterricht, das bedeutet auch mehr effektive Zeit zum Lernen. Und genau darauf setzen wir in Schleswig-Holstein! Aus diesem Grund werden wir jeweils eine zusätzliche Unterrichtsstunde Deutsch und Mathe in den Klassenstufen 1 und 2 der Grundschule einführen.
Von einer Erhöhung der Stundenzahl profitieren natürlich alle Kinder. Eine Chance birgt dies aber gerade für Kinder aus sozial benachteiligten Strukturen. Ihnen kann zuhause oft weniger geholfen werden, so dass ihnen mehr Zeit mit der Lehrkraft besonders zugute kommt.
Und auch viele weitere Ideen der Experten sind hier bereits in unsere festen Planungen eingeflossen: Es soll mehr Überprüfungen geben. Schulleitungen sollen mehr Zeit für ihre Kernarbeit – die Schulentwicklung – haben und von Verwaltungsaufgaben entlastet werden.
Ferner werden wir direkt in der Kita ansetzen, indem die Sprachförderung und die mathematischen Vorläuferfähigkeiten gestärkt werden, zum Beispiel durch die Angebote „Haus der kleinen Forscher“.
Nun steht gerade der Mathematikunterricht besonders im Fokus. 21,9 Prozent der Schülerinnen und Schüler haben darin den Mindeststandard verfehlt – zwar weniger als im Bundesschnitt und deutlich weniger als in Bremen, Berlin und Brandenburg, wo das Bildungsministerium in SPD-Händen ist, aber dennoch eine viel zu hohe Zahl.
Woran liegt es?
Bei Mathe gibt es wenig Interpretationsspielraum, entweder ist die Lösung richtig oder falsch, vieles baut aufeinander auf. Hinzukommt, dass Mathe zu häufig fachfremd unterrichtet wird.
Außerdem herrscht in unserer Gesellschaft ein negatives Bild von Mathe vor. Der Satz: „Meine Eltern konnten auch kein Mathe“, ist keine Seltenheit. Ich frage mich, warum kokettiert man mit Mathe-Defiziten? Mit Deutsch würde das kaum einer tun. Das muss sich ändern!
Das schaffen wir gerade, wenn wir genügend Zeit zum Lernen zur Verfügung stellen. Eine Stunde mehr Matheunterricht heißt: effektiv mehr Zeit zum Lernen, zum Erklären, zum Wiederholen – das nimmt Vorurteile und ja, liebe Opposition, auch tradierte Angst!
In der Kritik stehen immer wieder die Lehr- und Lernmittel im Fach Mathematik. Zu häufig entsprechen sie nicht mehr dem methodischen und didaktischen Stand der Zeit.
Deshalb sollen Empfehlungen für Schulmaterialien erarbeitet werden, die wissenschaftlichen fundiert sind.
Moderne Lehrwerke sind gut – sie sind in meinen Augen aber nicht entscheidend für die Qualität des Unterrichts, sondern die Lehrkraft!
Aus diesem Grund setzen wir auf eine Fortbildungspflicht für Lehrkräfte. Eine Fortbildungsoffensive in Mathe könnte ein wesentlicher Baustein hin zu einem verstehensorientierten Unterricht sein, in dem kein bloßes Auswendiglernen im Mittelpunkt steht, sondern Verständnis für die mathematischen Prozesse dahinter.
Die Forderung der Opposition nach mehr jahrgangsübergreifenden und fachübergreifenden Projekten im Matheunterricht halte ich nur teilweise für richtig: Jahrgangsübergreifend ist ein frommer Wunsch und wenig praxistauglich. Fächerübergreifend ist aber absolut sinnvoll. Ein Beispiel: Wenn man sich in Klasse 3 mit dem Thema Getreide beschäftigt, kann man in Mathe passend dazu die Gewichte einführen und die Schülerinnen und Schüler wiegen lassen, dann in HSU Korn mahlen und Brot backen. Das ist allerdings in vielen Schulen bereits gelebte Praxis.
Dennoch würde uns noch mehr Themenzentrierung im Unterricht guttun.
Meine Damen und Herren,
gute Politik sollte sich an der Wissenschaft orientieren. Eben dies tun wir! Die Maßnahmen der Bildungsexperten sind und werden uns weiterhin Richtschnur für eine erfolgreiche Bildungspolitik sein.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel