Kommunalrechtliche Vorschriften | | Nr. 117/23
TOP 3: Wir brauchen funktionierende Kommunalvertretungen
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Präsidentin,
meine Damen und Herren,
wir wollen wieder schneller werden und brauchen eine verlässliche, stabile kommunale Selbstverwaltung. Die kommunale ehrenamtliche Selbstverwaltung darf nicht erodieren. Mit dem Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften stellen wir das Funktionieren der Kommunalvertretungen in den Mittelpunkt.
Die Opposition reagiert heftig auf die Gesetzesvorlage. Aber die Vorwürfe der Opposition sind maßlos übertrieben, gehen vollkommen an der Realität vorbei und zeichnen bewusst ein falsches Bild. Offenbar will nur eine spezielle Seite gesehen werden, die gerade zur eigenen Meinung passt. Es gibt aber auch bedeutende Erkenntnisse aus der Expertenanhörung, die dem Gesetzesentwurf eine richtige Richtung bescheinigen.
Bei allem Streit will ich aber doch auch auf einen unstrittigen Punkt und einige Gemeinsamkeiten auch mit den Oppositionsfraktionen hinweisen, die sich im Innen- und Rechtsausschuss bei der Abstimmung über einzelne Artikel gezeigt haben.
Einig sind wir alle zusammen zur sogenannten „Dienstältestenregelung“, also dass zukünftig in der ersten konstituierenden Sitzung das am längsten angehörende Mitglied die Wahl des oder der Vorsitzenden leitet.
Beim Thema Bürgerbegehren und Bürgerentscheid hingegen werden dann aber massivste Eingriffe bemängelt. Andere bemängeln, dass das Gesetz kein großer Wurf sei und vermissen einschneidende Strukturreformen, die Planungen noch deutlicher beschleunigen. Allein diese unterschiedlichen Wahrnehmungen zeigen, dass wir einen Schritt in die richtige Richtung gehen und dass wir einen ausgewogenen und fein tarierten Weg einschlagen.
Der Vorwurf von Demokratieabbau und wenig Respekt vor direkter Demokratie ist vollkommen haltlos. Es wird so getan, als schaffe man Bürgerbegehren und Bürgerentscheide ab.
Wir kommen aber lediglich zu einer Korrektur von nicht bewährten Regelungen und zu einem guten Ausgleich von direkter und repräsentativer Demokratie. Das Grundgesetz geht von Volksvertretungen aus. Die gewählten Volksvertreter mit ihrem Allgemeinwohl verpflichtetem Interessenausgleich wollen wir stärken.
Bürgerentscheide wird es auch weiterhin geben. Zu Klimabegehren, Schulstandorten, Mobilfunkplanung und allen möglichen Themen. Lediglich im Rahmen von Bauleitplanungen, wenn die Beschlüsse mit großer 2/3-Mehrheit getroffen werden, dann soll es keine Verzögerungen durch Bürgerbegehren mehr geben.
Und damit Kommunen und alle Bürger auch Verlässlichkeit für ihre Entscheidungen bekommen, führen wir Fristen für kassatorische Begehren und Wiederholungsbegehren ein.
Wenn die Kommunen handlungsfähig und Kommunalpolitik verlässlich bleiben soll, dann muss es auch Planungssicherheit für alle geben. Bei einem der Punkte hat jedenfalls die FDP zugestimmt.
Bei der Mindestfraktionsgröße von drei Personen wissen wir – zumindest wenn es um die Kreistage geht – auch die SPD an unserer Seite. Das hat die Abstimmung im Innen- und Rechtsausschuss gezeigt.
Seit Wegfall der Sperrklausel bei Kommunalwahlen erleben wir eine zunehmende Zersplitterung der Kommunalvertretungen. In der Praxis erweist sich das aber nicht als positiv wirkende Vielfalt, sondern als Erschwernis für das kommunale Ehrenamt und wird zunehmend zum Ballast. 2-Personen-Fraktionen von unterschiedlichster Couleur lassen sich viel zu leicht bilden und das tun sie dann auch ständig neu. Diesen Anreiz zur Zersplitterung wollen wir eingrenzen. Das mag vielleicht nur als kleine Lösung im Vergleich zu einer Sperrklausel gesehen werden, beschreitet aber den richtigen Weg.
Und dass das dringend notwendig ist, zeigt das jüngste Beispiel im Kreis Schleswig-Flensburg. Nächste Woche, in der letzten Kreistagssitzung vor der Kommunalwahl, bildet sich noch mal eine neue 2-Mann-Fraktion, dessen Gruppierung zur Kommunalwahl 2018 für die Bürger überhaupt nicht zur Wahl stand. Mit Ausschussumbesetzungen überall und Sitzverlusten in den Ausschüssen für den SSW drum und dran. Das eine Mitglied befindet sich dann in der vierten Fraktionskonstellation in fünf Jahren und das andere Mitglied war erst vor knapp einem Jahr über die SSW-Liste nachgerückt. Beide waren bei der Kommunalwahl in den Wahlkreisen sehr weit abgeschlagen und zusammen haben die gerade mal 0,8 Prozent der Wählerstimmen im Kreisgebiet erhalten. Die Mitglieder einer anderen 2-Mann-Fraktion – die seit einem Jahr besteht, damals auch nicht zur Wahl stand und deren Mitglieder sich auch schon in der dritten Fraktionskonstellation befinden – hatten zusammen nicht mal 0,4 Prozent an Stimmen erhalten.
Und es glaubt doch niemand ernsthaft, und die Zeit hat es gezeigt, dass es bei diesen Fraktionen um irgendein Antragsrecht zur Tagesordnung geht, zumal es gar keinen Kreistag vor der Kommunalwahl mehr gibt. Es geht nur um Öffentlichkeitswirksamkeit und Fraktionsgelder. Für solche Fraktionen gibt es von den Wählerinnen und Wählern überhaupt kein Mandat. Das grenzt für mich an Beugung des Wahlrechts und ich empfinde das als Stimmenmissbrauch und Wählertäuschung. Jeglichem Anreiz für solche Entwicklungen stehen wir entgegen.
Und eine verbindliche Regelung zur Mindestfraktionsgröße ist nicht nur rechtlich standhaft, sondern auch besser geboten, allein schon weil die Mindestfraktionsgröße nicht zum Verhandlungsgegenstand werden soll und Auseinandersetzungen darüber vermieden werden sollen.
Meine Damen und Herren,
wir brauchen funktionierende Kommunalvertretungen, verlässliche kommunale Selbstverwaltung, wollen wieder schneller werden und beschreiten mit diesem Gesetz den richtigen Weg.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel