Justizvollzug | | Nr. 210/21
TOP 4: Wichtige Weiterentwicklung des Justizvollzugs in Schleswig-Holstein
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
dem Landtag liegt heute für die 2. Lesung des Entwurfes der Landesregierung für ein Justizvollzugs-modernisierungsgesetz die Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses vor.
Ich bedanke mich beim Justizminister und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die fachlich fundierte Ausarbeitung und die engagierte Begleitung.
Mithilfe eines umfangreichen Artikelgesetzes soll unter anderem das erst in der vergangenen Legislatur angepasste Landesstrafvollzugsgesetz weiterentwickelt werden.
Insgesamt geht es aber auch um Änderungen im Bereich des Vollzuges der Jugendstrafe, der Untersuchungshaft und der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.
Die Vorschriften des Jugendarrestvollzugsgesetzes werden ergänzt und im Bereich der einschlägigen Datenschutzbestimmungen findet eine Umsetzung der rechtlich verbindlichen EU-Richtlinien statt.
Zugrunde liegen dem Gesetzentwurf vor allem die kriminologischen Erkenntnisse, die Erfahrungen der Praxis und neue Rechtsprechung.
Um die Anwendung der zeitversetzt ergangenen Vollzugsgesetze zu erleichtern, wird eine bestmögliche Angleichung vorgenommen.
Im Ergebnis also umfangreiche und teilweise durchaus gravierende gesetzliche Anpassungen.
Der Gesetzentwurf setzt neue Schwerpunkte in der Vollzugsplanung.
Die Zielsetzung eines Behandlungsvollzugs wird durch verschiedene Regelungen und Instrumente noch einmal deutlich gestärkt. Damit wird der Gesetzentwurf nicht nur den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerecht. Die Umsetzung der Maßnahmen in Ihrer Gesamtheit wird noch klarer auf das Gelingen einer Wiedereingliederung in die Gesellschaft ausgerichtet.
Das Ziel ist richtig. Das Gelingen der Wiedereingliederung ist ein bedeutsamer Teil des Opferschutzes.
Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass der vorliegende Gesetzentwurf nunmehr konkrete Vorgaben für eine opferbezogene Vollzugsgestaltung macht.
Neben dem Verletztenschutz und der Auseinandersetzung der Gefangenen mit ihrer Tat wird vor allem auch die Beachtung von Verletzteninteressen hervorgehoben.
Als weiterer Scherpunkt und ebenfalls als Säule gelingender Resozialisierung ist die Förderung familiärer Beziehungen zu erwähnen.
Im Nachgang der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zu Fixierungen haben wir uns im Rahmen der Anhörung auch noch einmal intensiv mit diesem sensiblen Thema befasst.
Und es ist richtig, dass sich die Definition der Fixierung an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts orientiert und so gesetzlich verankert wird.
Ich unterstütze das ausdrücklich, denn das Vorgehen gewährleistet größtmögliche Rechtssicherheit und wird auch in anderen Bundesländern so umgesetzt.
Bevor ich zum Schluss meiner Rede komme, möchte ich noch gerne eine Klarstellung zu den Ergänzungen im Bereich des Jugendarrestvollzug machen:
Die bestehende strikte Trennung des Vollzuges von Jugendstrafe auf der einen und Erwachsenenstrafe auf der anderen Seite wird durch die gesetzliche Änderung nicht aufgehoben und nicht in Frage gestellt.
Die Gesetzesbegründung zu § 61 des Jugendarrestvollzugsgesetzes im Justizvollzugsmodernisierungsgesetz stellt die beizubehaltenden Trennungsgrundsätze ausführlich klar und ist dadurch auch für die nachfolgenden Landesregierungen bindend.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Gerade vor dem Hintergrund der Debatten aus der vergangenen Legislaturperiode war es für mich schon eine besondere Herausforderung, zeitnah eine erneute gesetzliche Modernisierung des Vollzugs konstruktiv zu begleiten:
Eine Weiterentwicklung mit der ich so nicht gerechnet hatte.
Und ich habe großes Verständnis dafür, dass insbesondere die Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaften mich beim Wort genommen haben.
Um es ganz deutlich zu sagen:
Ohne den auf der Basis einer Personalbedarfsanalyse inzwischen verbindlichen Personalaufbauplan hätte ich, hätte die CDU-Fraktion, diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung nicht gegeben.
Es war ein schwerwiegendes Versäumnis aller Fraktionen der Küstenkoalition, die in der letzten Legislaturperiode unbeirrbar behauptet hat, es gebe keinen weiteren Personalbedarf.
Und es hat schon jetzt viel zu lange gedauert. Aber besser spät als nie.
Jetzt schaffen wir den personellen Grundstock für den aufwendigen Behandlungsvollzug und die Sicherheit der Bediensteten.
Ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich bei unserem Justizminister Christian Claussen für sein konsequentes Engagement an dieser Stelle.
Ich will es hier dennoch noch einmal ganz deutlich machen:
Die Personalsituation wird bei so einem anspruchsvollen Vollzugssystem immer der Dreh- und Angelpunkt bleiben. Die Menschen, die im und für den Justizvollzug arbeiten sind der maßgebliche Faktor für einen Behandlungsvollzug, wie wir ihn in Schleswig-Holstein anstreben.
Personalbindende Aufgaben, wie beispielsweise Krankenhausbewachungen von Häftlingen, die Einhaltung der Aufschlusszeiten als Regelfall und auch die neu eingeführte Maßnahme im Bereich des Sports, werden wir weiter im Blick behalten müssen.
Ebenso muss genau geschaut werden, wenn mögliche Personalabzüge in andere Bereiche durchgeführt werden sollen.
Ich sage Ihnen bis Ende meiner fachlichen Verantwortung zu, an der Seite unserer Justizvollzugsvollzugsanstalten zu stehen.
Im Übrigen gilt das auch, wenn neue Vorgaben zu einem weiteren Personalbedarf in der Justiz führen sollten.
Ich hoffe, dass uns als Parlament mit dieser Gesetzesinitiative auch der Startschuss zu einem fachlich konstruktiveren und praktikableren Umgang mit dem Strafvollzug in Schleswig-Holstein gelingt.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel