Europabericht | | Nr. 123/21
TOP 9 u.a.: Vier Mal Europa
Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede,
ich stehe jetzt vor der Herausforderung, mit einem fünfminütigen Redebeitrag zu insgesamt vier Tagesordnungspunkten gleichzeitig zu sprechen. Deshalb möchte ich zunächst zum Europabericht der Landesregierung in der Kürze einige Anmerkungen machen. Zunächst gilt mein herzlicher Dank unserem Europaminister sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den detaillierten Bericht der Landesregierung.
Eine wichtige und entscheidende Grundlage für die europapolitische Arbeit in Schleswig-Holstein ist der neue Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) 2021-2027. Dieser umfasst die Summe von insgesamt 1.074 Mrd. Euro. Hinzu kommt zur Bekämpfung der Folgen der Coronapandemie das Aufbauinstrument „Next Generation EU“ (NGEU) in Höhe von 750 Mrd. Euro – ein historischer Kraftakt. Dazu haben wir uns hier im Haus bereits ausgetauscht. Unsere zentrale Forderung bleibt die Beteiligung der Länder bei der Mittelverteilung durch den Bund.
Durch das Ausscheiden von Großbritannien haben wir für Schleswig-Holstein einen erheblichen Rückgang der Fördermittel der einzelnen EU-Förderprogramme befürchtet. Nach Abschluss der umfänglichen Beratungen der EU-Gremien können wir feststellen, dass sich diese Befürchtungen glücklicher Weise weitestgehend nicht bestätigt haben.
· Die Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (EFRE) liegen mit 271 Millionen Euro über den Ansätzen der letzten Förderperiode. Durch Umschichtung von rund 30 Millionen Euro in den Europäischen Sozialfond plus (ESF+) können wir mit beiden Fördertöpfen mit fast gleicher Ausstattung planen.
· Im ELER Programm erfolgen erhebliche Umstrukturierungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Eine endgültige Einigung über die Strukturen sind noch nicht erfolgt.
· Besonders erfreulich sind die Entwicklungen im Bereich der drei INTERREG Programme. Diese haben für Schleswig-Holstein eine herausragende Bedeutung, insbesondere für die Zusammenarbeit mit unserem Nachbarn Dänemark.
Auch finanziell gibt es für die Programme nur geringfügige finanzielle Kürzungen.
Schließlich muss man auch die stärkere Förderung von ERASMUS+ als besonderes „Werbeprogramm“ der jungen Menschen für den europäischen Gedanken hervorheben. Hier erfolgt eine deutliche Erhöhung von rund 10 Mrd. Euro auf nun rund 26 Mrd. Euro. Dies halten wir für ein wichtiges politisches Signal, insbesondere für die Jugend in Europa.
Zusammenfassend dürfen wir erfreulicherweise feststellen, dass Schleswig-Holstein mit einer insgesamt stabilen Förderung der EU-Förderprogramme rechnen kann und die Planungen für unterschiedlichste Projekte fortgeführt werden können.
Nach einem bisher nicht besonders erfreulichen Verlauf bezüglich der Minority Safe Pack Initiative bin ich unserem Ministerpräsidenten sehr dankbar, dass er in Gesprächen mit der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen das Thema angesprochen hat und nun eine Zusage zu einem bilateralen Gespräch zur Umsetzung der Initiative erreicht hat. Ich setze genau wie der Ministerpräsident jetzt darauf, dass damit neue Bewegung in diese Debatte kommt und wir damit ein klares Signal für den Minderheitenschutz und die Verankerung von Minderheiten- und Sprachrechten und im Rechtsrahmen der EU setzen. Ziel sollte es sein, gemeinsam mit den Regierungen der Mitgliedsstaaten, dem Ausschuss der Regionen und den Organisationen der Minderheiten und Sprachgruppen echte und dauerhafte Verbesserungen zu erreichen.
Aus aktuellem Anlass gibt es aber leider Anlass eine entscheidende Herausforderung auf europäischer Ebene heute anzusprechen, die die Menschen stark bewegt. Ich spreche von der Frage der ausreichenden Impfstoffversorgung.
Jenseits der Frage, dass bei der Beschaffung von ausreichend Impfstoff für alle impfwilligen Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union sicherlich Fehler gemacht wurden, bleibt trotzdem die Frage, wie eine gerechte Verteilung weltweit sichergestellt werden kann. Dabei hat die Europäische Union frühzeitig erklärt, sich ihrer Verantwortung gegenüber ärmeren Staaten in der Welt bewusst zu sein und diese bei der Impfstoffbeschaffung zu unterstützen.
Diese Ankündigungen können jetzt aber nicht umgesetzt werden, weil leider nicht nur zahlungskräftige Länder wie z.B. Dubai bei Impfstoffherstellern zu weit überhöhten Preisen einkaufen und damit zugesagte Liefermengen an die Europäische Union und andere Weltregionen nicht stattfinden können. Leider beteiligen sich auch Staaten wie Großbritannien und jetzt auch die USA an diesem unsolidarischen Verhalten. An dieser Stelle ist die Europäische Union und auch die Bundesregierung gefordert, diesem Treiben entgegenzutreten und für eine gerechte und vertragstreue Verteilung von Impfstoffen zu sorgen.
Nur wenn uns dies gelingt, können wir verlorengegangenes Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern zurückgewinnen.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel