Barbara Ostmeier (ehemalige Abgeordnete)

Barbara Ostmeier (ehemalige Abgeordnete)
Justiz, Sport, Integrations- und Flüchtlingspolitik

Geschichte | | Nr. 154/18

Wir wollen mit dieser neuen Studie das Vertrauen in Landtagsverwaltung und kommunale Ebene stärken

Rede wurde zu Protokoll gegeben!

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen.

In der 18. Wahlperiode haben wir mit der Studie zur Geschichtswissenschaftlichen Aufarbeitung der personellen und strukturellen Kontinuität in der schleswig-holsteinischen Legislative und Exekutive nach 1945 einen ersten wichtigen Blick auf die Geschichte dieses hohen Hauses geworfen. Damit reiht sich diese Studie neben weiteren historischen Studien zur Geschichte der Landtage in anderen Bundesländern ein.

Auch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat durch eine unabhängige wissenschaftliche Kommission ihre Geschichte über mehrere Jahre aufarbeiten lassen.

Wir bitten nun den Landtag die gewonnen Erkenntnisse aus der ersten Studie in einer Folgestudie fortzusetzen. Der Schwerpunkt soll nunmehr auf der Landtagsverwaltung und auf kommunaler Ebene liegen.

Das schleswig-holsteinische Institut für Zeit- und Regionalgeschichte in Zusammenarbeit mit der Europa-Universität Flensburg hat bereits in der ersten Studie ihre Kompetenz unter Beweis gestellt, weshalb wir sie auch mit der Folgestudie betrauen möchten.

Ebenso wie die Ausgangsstudie ist unser Auftrag nicht nur aus historischer Sicht ein wichtiges Zeichen. Dieser Auftrag verfolgt darüber hinaus einen bildungspolitischen Ansatz. Denn die erste Studie hat nicht nur eine Methodik zu einer neutralen und sachlichen Aufklärung entwickelt, sondern auch einen umfangreichen Quellenbestand in den verschiedensten Archiven ausgewertet. Daraus resultierende offen geblieben Fragen sollen nun abschließend beantwortet werden.

Dabei steht die Netzwerkgeschichte deutlich im Vordergrund. Kritiker einer solchen Aufarbeitung betonen häufig, dass man schon alles über den Nationalsozialismus, die Nachkriegszeit und die Entnazifizierung wissen würde. Diesem Argument ist entschieden entgegenzutreten. Zahlreiche Studien, Biographien und Lexika, die jedes Jahr neu oder in einer überarbeiteten Auflage erscheinen, beweisen uns das Gegenteil.

Gerade weil die historische Aufarbeitung des Themas Nationalsozialismus kein abgeschlossenes Kapitel der deutschen Geschichte ist und in Literatur und Wissenschaft nach wie vor aus unterschiedlichen Blickwinkeln diskutiert wird, ist es uns wichtig, die parlamentarische Aufarbeitung für Schleswig-Holstein objektiv und wissenschaftlich ausarbeiten zu lassen sowie aufgeworfene Fragen zu klären. Dabei wollen wir uns auch nicht den Fragen verschließen, die sich insbesondere in den nunmehr genannten Schwerpunktbereichen stellen.

Für uns ist es wichtig, dass das politische Agieren einzelner Akteure oder Gruppen in einen argumentativ nachvollziehbaren Zusammenhang gebracht wird, denn Netzwerkforschung ist ein breites Forschungsfeld.

So lassen sich in unserem Beispiel Netzwerke in private, berufliche und parteiliche unterteilen. Dies lässt sich dann noch auf die Kommunikationsweise erweitern. Anhand der Quellenbestände lassen sich u.a. Korrespondenznetzwerke anhand von Selbstzeugnisbeständen nachverfolgen. Dazu zählen nicht nur Briefe und Tagebücher, sondern auch Reden oder Protokolle. Anhand dieser Quellen werden die Auftragnehmer zum Teil erschließen können, wie sich die unterschiedlichen Akteure mit den unterschiedlichen Beweggründen positioniert haben.

Die Periodisierung sowie die Verknüpfung mit der Zeitgeschichte und dem dahinterstehenden Individuum sind dabei essentiell zur Ausarbeitung der im Antrag gestellten Fragen.

Für die Geschichtswissenschaft und die bildungspolitische Arbeit stellen Netzwerke und ihre Analyse eine bedeutsame Quelle dar, um den Einfluss von Personen und Institutionen zu verstehen und darüber hinaus einen Blick auf die dahinterstehenden Interaktionen von diesen zu werfen. Eine Einordnung in zeitgeschichtliche Aspekte außerhalb dieser Strukturen ist dennoch notwendig.

Es mir wichtig deutlich zu machen, dass es wie auch bei der Vorgängerstudie nicht unser Ziel ist, den Erkenntnisgewinn für persönliche Verurteilungen oder politische Bloßstellungen zu nutzen. Es geht uns allein darum, unseren Beitrag zur Geschichtswissenschaft und zur politischen Bildung unseres Landes zu leisten. Es freut mich, dass wir uns weiterhin einig sind, unsere nationalsozialistische Geschichte wissenschaftlich fundiert und parteipolitisch neutral aufarbeiten zu lassen. Dieser überparteiliche Ansatz ist notwendig, um den gewünschten Beitrag zur politischen Bildung leisten zu können. Letztendlich wollen wir mit dieser neuen Studie das Vertrauen in Landtagsverwaltung und kommunale Ebene stärken.

Mit Respekt vor allen Menschen, die unter den Restriktionen des Nationalsozialismus gelitten haben und verbunden mit dem Wunsch, dass sich so etwas nicht wieder ereignet, sehe ich in der Fortsetzung des Forschungsauftrags einen weiteren Beitrag zur Stärkung unserer gemeinsamen demokratischen Zukunft.

Ich freue mich darauf, wenn sich der begleitende Beirat konstituiert hat und wir erste Ergebnisse vorgestellt bekommen.

Vielen Dank.

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Pressesprecher
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel
Telefon: 0431/988-1440

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