| Nr. 251/13
zu TOP 13: Die Landesregierung muss die Verunsicherungen im Bereich der Wohnungswirtschaft schnellstmöglich beseitigen
Sperrfrist: Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort!
Die Entwicklung der Wohnungsmärkte in Schleswig-Holstein ist in den vergangenen Jahren insgesamt äußerst stabil gewesen. Dank kontinuierlich hoher Investitionen in die Instandhaltung und Modernisierung konnte der Wohnungsbestand auf einem insgesamt ausreichenden Niveau gehalten werden. Regional gibt es allerdings Unterschiede, deshalb sollte die Wohnraumförderung durch das Land auch entsprechend dieser Bedarfe strukturiert werden. Insbesondere im Bereich der Insel Sylt, im Hamburger Umland und in den Großräumen Kiel und Lübeck kam es in der letzten Zeit zu Anspannungstendenzen bezüglich der zur Verfügungstellung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum. Diese Einschätzung wird auch durch die Wohnungsmarktprognose Schleswig-Holsteins bis 2025 gestützt.
Die betroffenen Kommunen können mittels Bereitstellung preiswerter Grundstücke eine wesentliche Voraussetzung für Investitionen in bezahlbaren Wohnraum selbst schaffen. Sie können außerdem mittels zielgerichteter Bauleitplanung dafür sorgen, dass über die bauliche Ausnutzung von Grundstücken Investitionen eine angemessene Wirtschaftlichkeit erreichen. Das oft praktizierte Höchstpreisverfahren ist dagegen kontraproduktiv. Im Rahmen einer Konzeptvergabe wäre dies nur eine unter mehreren Komponenten. Weitere Ziele wie z. B. die Schaffung bezahlbaren Wohnraumes könnten dadurch festgeschrieben werden.
Generell hat die Studie belegt, dass der größte Teil des Landes von entspannten oder ausgeglichenen Wohnungsmarktverhältnisse geprägt ist. In diesen Regionen kommt es zu einer verhaltenen Wohnungsnachfrage und es besteht nur noch moderater oder sehr geringer Neubaubedarf. Dadurch gewinnen für den Erhalt einer nachfragegerechten Qualität und die Aufwertung des Wohnungsbestandes Bestandsinvestitionen erheblich an Bedeutung. Deshalb hat sich die Ausrichtung der Förderung auf regional unterschiedliche Ziele als richtig erwiesen und sollte weiter verfolgt werden. Eine konkrete Empfehlung aus der Wohnungsmarktprognose lautet deshalb auch, dass seitens des Landes das Ziel verfolgt werden sollte, Entwicklungen, die regionale Unterschiede verstärken, möglichst entgegenzuwirken. Dabei ist das Niveau der Netto-Kaltmieten insgesamt stabil geblieben. Entgegen anders lautender Meldungen sind die Mieten in Deutschland und Schleswig-Holstein in den vergangenen Jahren nur moderat gestiegen. Ihre Steigerungsrate lag unter der der Lebenshaltungskosten. Preisbereinigt sind die Durchschnittsmieten in diesem Zeitraum sogar leicht gesunken. Für Mieter bedeutet das: Die Netto-Kaltmieten bleiben bezahlbar. Dass die Haushalte dennoch mehr für Wohnen ausgeben müssen, ist dem starken Anstieg der Wohnnebenkosten geschuldet – insbesondere der Heiz- und Energiekosten. Die Verbraucherpreise für Haushaltsenergie (ohne Strom) sind seit dem Jahr 2000 um 112 % gestiegen. Strom hat sich im Vergleichzeitraum um rund 85 % verteuert, hierfür wird auch das Erneuerbare Energiengesetz (EEG) verantwortlich gemacht.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die regionalen Wohnungsmärkte in den letzten Jahren uneinheitlich entwickelt und dass bestehende Unterschiede sich dabei verstärkt haben. Während weite Teile des Landes durch niedrige Mieten gekennzeichnet sind, haben sich für einige Teilmärkte relativ hohe Mietenniveaus entwickelt. Bau- und Grundstückkostensteigerungen einerseits sowie realisierbare Mieterträge durch gestiegene Nachfrage befördern diese Entwicklung noch weiter. Soweit sich der Neubau oder die Bestandserneuerung in bezahlbaren Wohnraum in diesen Regionen nicht über Mieten refinanzieren lässt, muss die Landesförderung hier über verschiedene Förderinstrumente eine Brückenfunktion übernehmen. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die derzeitige Landesregierung die Politik ihrer Vorgängerregierungen fortsetzt und in enger Abstimmung mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden eine Offensive für bezahlbares Wohnen durchführen will.
Allerdings wird dieser positive Grundansatz durch die im März beschlossene Erhöhung der Grunderwerbssteuer – auf dann 6, 5 % – vollkommen konterkariert. Deutschlandweit wäre dies ein unerreichter Höchstsatz, der diese Steuer damit innerhalb von 2 Jahren um insgesamt 86 % ansteigen ließe.
Die Reaktionen der Beteiligten an dieser Stelle ist eindeutig, in breiter Übereinstimmung haben der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen, Haus und Grund Schleswig-Holstein, der Landesverband Nord freier Immobilien und Wohnungsunternehmen, das Handwerk Schleswig-Holstein und der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein die geplante Erhöhung scharf kritisiert und als verheerendes Signal für die Zukunft des Wohnungsbaus im Schleswig-Holstein bezeichnet.
Dazu führte der Verbandsdirektor des VNW, Herr Dr. Joachim Wege, wörtlich aus: „Die Steuererhöhung ist eine gravierende Schwächung des Wohn- und Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein. Zu Mehreinnahmen wird es kaum kommen. Häuslebauer und Unternehmen werden abgeschreckt. Investitionen werden verhindert, Ansiedlungen und Arbeitsplätze entstehen in Bundesländern mit günstigeren Standortkosten. Mit Rückgängen bei der Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer ist deshalb zu rechnen. Leiden werden auch die Beschäftigten im regionalen Baugewerbe und Handwerk.“
Nach Ansicht der Landesregierung fangen niedrige Zinsen die höhere Steuerbelastung auf, der VNW hält das für Augenwischerei. Dr. Wege: „Beim Kauf eines Einfamilienhauses für 200.000 Euro müssten allein für die Grunderwerbssteuer 13.000 Euro zusätzlich gestemmt werden. Im Übrigen wird nach aller Lebenserfahrung eine einmal erhöhte Steuer nicht wieder abgesenkt, wenn die Zinsen wieder steigen.“
In diesem Zusammenhang weißt der Verband auf die Problematik der teuren Grundstücke und die hohen Bau- und Planungskosten hin, die sich inzwischen neben der immer weiter ansteigenden Kosten für die Effizienzstandards von Gebäuden zu den Haupthemmnissen für die Schaffung bezahlbarer Wohnungen entwickelt haben. Die geplante Steuererhöhung werde die Chancen auf bezahlbaren Wohnraum verschlechtern – egal ob zur Miete oder im Eigentum. Das stelle auch den Erfolg der gerade unterzeichneten Rahmenvereinbarung zur Offensive für bezahlbares Wohnen in Frage. Es passe nicht zusammen, wenn das Land bezahlbare Wohnungen wolle und gleichzeitig kräftig an der Kostenschraube drehe.
Auch Raimund Dankowski, Vorsitzender des VNW Landesverbandes, kritisiert die Steuerpläne des Landes. Er verweist auf ein weiteres Problem: „Wegen der Millionenbeträge für die Grunderwerbssteuer ist eine Neuauflage des Flensburger Weges oder des Pinneberger Modells in Schleswig-Holstein kaum noch denkbar. In beiden Fällen haben Genossenschaften mehrere tausend Wohnungen aus kommunalen Beständen übernommen, mit erheblichem Aufwand modernisiert und den Mietern den Weg in eine sichere und bezahlbare Wohnzukunft geebnet.“
Dankowskis Sorge: „Künftig stehen nur noch Finanzinvestoren als Käufer zur Verfügung. Zur Gewinnmaximierung wird die notwendige soziale Durchmischung der Bestände vernachlässigt, die Instandhaltung zurückgefahren, Modernisierungen und Wohnungsneubau unterbleiben.“ Zu den vermieden Finanzinvestoren regelmäßig die Grunderwerbsteuer durch steuerliche Gestaltung, die für Genossenschaften nicht in Frage kommen.“
Weitere Risiken bei der langfristigen Planung für ein gutes und bezahlbares Wohnungsangebot sind aus Sicht der Wohnungsbauverbände neben der Anhebung der Grunderwerbsteuer die geplante Änderung des vor etwas über 1 Jahr novellierten Denkmalschutzgesetzes, eine erneute Änderung im Bereich des Landesentwicklungsplanes der gerade erst den aktuellen regionalen Bedürfnissen angepasst wurde, die ständige Verschärfung der Vorgaben zum Klimaschutz und von Linken, SPD und Grünen geforderte Wiedereinführung der Vermögenssteuer.
All dies führt nicht zu stabilen und zukunftssicheren Rahmenbedingungen, die allerdings dringend erforderlich wären, um die erheblichen Zukunftsinvestitionen im Bereich des Wohnungsbaus nachhaltig planbar zu machen.
Deshalb ist die Landesregierung aufgefordert, in enger Kooperation mit allen Beteiligten im Bereich der Wohnungswirtschaft die aufgetretenen Verunsicherungen schnellst möglich zu beseitigen.
Dabei muss auch endlich ein Dialog mit den Betroffenen geführt werden, der diese Bezeichnung auch wirklich verdient.
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel