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zu TOP 16 und 17: Verfassungsvorschläge der SPD sind handwerklicher Murks und kein Beispiel für gutes Regieren
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Die Landesverfassung ist die höchste Rechtsnorm, die das Land Schleswig-Holstein hat. Das sollte auch der ehemalige Innenminister Stegner wissen, wenn er für das SPD-Lieblingsland zusammen mit Grünen und SSW eine Verfassungsänderung beantragt, die sozusagen noch im Eilverfahren beschlossen werden soll. Immerhin das ist schlüssig: Die Folge Ihres Antrages für unsere Verfassung wird genau so verheerend wie Ihr Regierungsprogramm für Schleswig-Holstein.
In der letzten Landtagssitzung hat der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Jürgen Weber, uns vorgeworfen, dass – ich zitiere –„ ein Ausführungsgesetz zu einer Verfassungsnorm als Last-Minute-Gesetz hier durchgehuscht werden soll“. Und Flemming Meyer führte aus „Wir brauchen ein sorgsames Verfahren und ganz sicher keinen Schnellschuss“.
Liebe Kollegen von der Opposition, Sie sollten sich auch an Ihren eigenen Worten messen lassen. Sie können doch nicht ernsthaft das Verfahren bei der Verabschiedung eines einfachen Gesetzes kritisieren und gleichzeitig selbst eine Änderung unserer Verfassung hier im Schweinsgalopp durchziehen wollen. Der Umgang mit der Verfassung erfordert schon mehr Verantwortung!
Wie ist die Situation?
Wir haben erstens für die Beratungen nur noch Zeit bis April, d.h. wegen der sitzungsfreien Zeit also nur noch etwas mehr als zwei Wochen. Das ist zu wenig, um angesichts des juristischen Neulandes, das wir hier betreten, in einer Anhörung alle Aspekte sorgfältig abwägen zu können.
Zweitens spricht überhaupt nichts dagegen, in der neuen Legislaturperiode ohne jeden Zeitdruck über das ,,Ob und ,,Wie solcher Vorschläge zu beraten. Und drittens sind die vorgelegten Gesetzentwürfe auch in handwerklicher Hinsicht alles andere als unproblematisch.
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Prof. Hans-Jürgen Papier, hat doch bei seinen Vorschlägen zur Stärkung der Rechte der Parlamente selbst darauf hingewiesen, dass dies „staatsrechtliches Neuland“ sei. Und gerade deswegen wäre etwas handwerkliche Sorgfalt angebracht gewesen, Herr Innenminister a.D.
Die Wahrheit sieht anders aus. Diese Gesetzentwürfe von SPD, Grünen und SSW sind handwerkliches Flickwerk. Wir haben Ihre Verfassungsvorschläge durch den Wissenschaftlichen Dienst des Landtages prüfen lassen. Die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages kommt einem Totalverriss Ihrer Verfassungsänderung gleich.
Der Wissenschaftliche Dienst des Landtags teilt unsere ernsthaften Bedenken hinsichtlich des Wortlauts in der Ds. 17/2359 zur Einführung einer Klageverpflichtung der Landesregierung. Was sollen sprachlich zum Beispiel „Meinungsverschiedenheiten über Zweifel“ sein? Und um welche Art von „Meinungsverschiedenheiten“ soll es z.B. im Zusammenhang mit der Klageverpflichtung gehen?
Oder was ist alles gemeint, wenn die vorgeschlagene Formulierung – ich zitiere Art. 23a Satz 2 – „auch“ für Streitigkeiten vor dem Bundesverfassungsgericht gelten soll?
Wer das Wort „auch“ in die Verfassung schreibt, muss offenbar mehr als nur eine Fallgestaltung meinen.
Also, was genau ist noch gemeint?
Eine zweifelsfreie Abgrenzung zur Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts ist jedenfalls nicht gelungen, stellt der Wissenschaftliche Dienst fest. Die Beurteilung des Wissenschaftlichen Dienstes schließt mit dem Fazit, dass die gewählten Formulierungen problematisch sind und sie müssten – Zitat – „vor einer Verabschiedung im Rahmen der Gesetzesberatung ausgeräumt werden“. In der Schule würde man sagen: Eine glatte 6!
Auch zum Weisungsrecht für den Bundesrat, Ds. 17/2358, legt der Wissenschaftliche Dienst dar, dass die Regelung, die der Landesverfassung Baden-Württembergs entlehnt ist, juristisch hoch umstritten ist und der herrschenden Lehre ebenso widerspricht wie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes.
Und notwendige Folgeänderungen im Parlamentsinformationsgesetz des Landes wurden von den Oppositionsfraktionen überhaupt nicht bedacht. Ebenso wenig die notwendige Änderung der Konsultationsvereinbarung.
Wir haben in den fraktionsübergreifenden Gesprächen immer auf die Notwendigkeit rechtlicher Klarheit hingewiesen.
Und deshalb frage ich die Opposition: Was sind das eigentlich für Gesetzentwürfe, die hier vorgelegt wurden? Soll man so einen handwerklichen Murks wirklich auf Zuruf der Opposition 7 Wochen vor der Wahl in kürzester Zeit durchpeitschen?
Ich fand es in der vergangenen Woche sehr bedauerlich, wie mit diesem Flickwerk eine oberflächliche Effekthascherei für den Wahlkampf betrieben wurde, unter dem Deckmantel der Stärkung des Parlaments.
Heute kann ich feststellen:
Mit diesem Versuch eines Gesellenstückes für gutes Regieren sind Sie glatt durchgefallen.
Wer so stümperhaft mit unserer Verfassung umgeht, der kann in Schleswig-Holstein keine Verantwortung übernehmen.
Ich fordere Sie daher auf: Ziehen Sie Ihren verfassungsrechtlichen Murks zurück, Herr Stegner!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel