| Nr. 143/08
zu TOP 27: Populismus löst keine Probleme
Sperrfrist: Redebeginn
Es gilt das gesprochene Wort
Der FDP-Antrag „Gesundheitsfonds stoppen – Beitragshoheit der Krankenkassen bewahren“ – ist nicht neu.
Er war bereits am 18.02.2008 Gegenstand der Aktuellen Stunde im Bundestag, so dass ich im Grunde auf die dort geführte Debatte verweisen könnte. Daher möchte ich auch gleich den ersten Satz des Redebeitrages des Abgeordneten Dr. Hans Georg Faust (CDU) zitieren, der an die FDP gerichtet war: „Populismus macht nicht populär“.
„Herr Kollege Dr. Garg, eine Vielzahl Ihrer Anträge zur Gesundheitspolitik in dieser Legislaturperiode sind populistisch und wiederholen sich. Es ist ein wenig zu simpel, all das, was mit der Gesundheitsreform und der bevorstehenden Einführung des Gesundheitsfonds in der Öffentlichkeit und der Fachwelt Unbehagen auslöst, parteipolitisch auszuschlachten, um sich zum Freund aller Akteure im Gesundheitswesen zu machen“.
Die im FDP-Antrag gestellte Forderung, den Gesundheitsfonds zu stoppen, um die Beitragshoheit der Krankenkassen zu bewahren, bringt uns allerdings überhaupt nicht weiter! Wer glaubt, mit einem „STOPP“ für den Gesundheitsfonds die Beitragssätze in unserem Land stabil zu halten, ist auf dem Holzweg. Dies ist eine Diskussion, die mit dem Gesundheitsfonds wenig zu tun hat.
Das im Auftrag der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ erstellte Gutachten macht primär den Gesundheitsfonds dafür verantwortlich, dass für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen die Beiträge steigen werden.
Dieses Gutachten wird als fachlich mangelhaft bezeichnet, weil es mit Spekulationen arbeitet. Die Entwicklung der beitragsrelevanten Einnahmen können wir im Augenblick überhaupt nicht abschätzen. Ebenso wenig lässt sich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten vorhersagen. Im Moment steigt sie erfreulicherweise. Niemand weiß genau, wie hoch die Zahl der Arbeitslosen am Jahresende sein wird. Zurzeit sinkt sie dank der guten Politik der Bundesregierung.
Das Gutachten hat schlichtweg übersehen, dass der Steuerzuschuss im nächsten Jahr 4 Milliarden Euro betragen wird und deshalb 1,5 Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr in den Fonds fließen werden. Da sich der Beitragssatz im nächsten Jahr aus dem durchschnittlichen Beitragssatz dieses Jahres ergibt, kann niemand zum jetzigen Zeitpunkt die Höhe des Beitragssatzes vom 1. Januar 2009 benennen. Wenn die Beiträge steigen, tun sie dies unabhängig von der Existenz eines Gesundheitsfonds.
Die Gesundheitsreform hat für die Versicherten auch zusätzliche Leistungen vorgesehen, die sich ebenso auf die Beitragsentwicklung auswirken können wie ein gerechteres Honorierungssystem, das wir dringend brauchen, um die ärztliche Versorgung sicherzustellen.
Das neue Finanzierungssystem besteht aus zwei Teilen: dem allgemeinen Beitrag und dem Zusatzbeitrag. Der allgemeine Beitragssatz wird aus dem Durchschnittssatz aller Kassen ermittelt. Kommt eine Kasse mit diesem Beitrag nicht aus, ist sie gezwungen, einen Zusatzbeitrag zu erheben, kann aber auch – wenn es die Finanzlage erlaubt –, den Versicherten Rückzahlungen gewähren. Die Frage des Risikostrukturausgleichs spielt dabei eine wichtige Rolle und ist noch nicht endgültig beantwortet.
Es gibt viele Gründe, den Gesundheitsfonds abzulehnen oder für eine Verschiebung zu plädieren – je nach Sicht der Betroffenen. Es gibt auch Gründe, sich darauf einzulassen. Dies erfordert Mut, vielleicht auch ein wenig Mut der Verzweifelung, weil es unter den gegebenen Umständen (demografischer Wandel, zu geringe Zahl der Erwerbstätigen) keine wirklich überzeugende Lösung des Problems der Finanzierung des Gesundheitswesens gibt. Wir sollten im Ausschuss mit der Ministerin den Sachstand beraten.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel