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zu TOP 43: Keine Schnellschüsse bei der Verteilung der Krankenkassenreserven

Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn

Als historisch einmalig bezeichneten die Lübecker Nachrichten am 8. März 2012 die Finanzreserven der GKV in Höhe von 19,5 Milliarden Euro, in der Tat eine überraschende Meldung, die Begehrlichkeiten weckt.

So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass aus Schleswig-Holstein im Hinblick auf die Landtagswahlen am 6. Mai 2012 Forderungen laut werden, diese Überschüsse Wahlvolk-wirksam zu verteilen.

Bündnis 90/Die Grünen haben ihren Antrag so formuliert, dass mit der Gießkanne alle ein wenig berieselt werden. Selbst die Krankenkassen, die man schröpfen will, sollen mit der Forderung nach Abschaffung des Gesundheitsfonds und eigenverantwortlicher Festsetzung eines kassenspezifischen Beitragssatzes bei Laune zu gehalten werden.

Die derzeitigen Überschüsse der GKV sind neben Einsparungen auf verschiedenen Ebenen – leider auch bei den Versicherten – zum Großteil der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und den damit einhergehenden Beiträgen aus sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen zuzuschreiben.

Wer die Patienten befragt, wird nicht zuerst die Antwort bekommen, dass die Praxisgebühr abgeschafft werden muss. Oberste Priorität haben stabiler, angemessener Beitragssatz, weniger Zuzahlungen und ein guter Leistungskatalog. Chronisch Kranke sind besonders betroffen.

In der Presse wurde kürzlich über eine Neurodermikerin berichtet, deren Krankenkasse sich weigerte, die Pflegemittel gegen Hautreizungen zu zahlen. Die Klage der chronisch kranken Patientin war erfolglos mit der Begründung, dass es sich nicht um ein verschreibungspflichtiges Präparat handele und daher selbst zu zahlen sei. Solche Fälle lösen bei mir angesichts der Überschüsse Unverständnis aus.

Wir sollten die Diskussion um die Kassenreserven sachlich und besonnen führen, damit die Kassenüberschüsse wirklich sinnvoll genutzt werden.

Was haben die Beitragszahler davon, wenn eine geringfügige, kaum spürbare Senkung des Beitrages erfolgt, was haben sie von Rückerstattungen, wenn Beiträge später wieder angehoben werden müssen?

Die Forderung nach Abschaffung der inzwischen etablierten Praxisgebühr darf nicht allein damit begründet werden, dass sie die ursprünglich erwartete Wirkung verfehlt hat. Wir müssen prüfen, ob wir im Gesamtgefüge der Sicherstellung einer guten medizinischen Versorgung sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich auf diesen Baustein zukünftig verzichten können. Ist sie erst einmal abgeschafft, kann man die Praxisgebühr nicht mehr wieder aufleben lassen.

Auch wir haben also die Praxisgebühr ins Visier genommen. Sie war einst dafür gedacht, die Arzt-Patientenkontakte zu reduzieren. In diesem Zusammenhang werden immer wieder die skandinavischen Länder als Vergleich herangezogen. Dort suchen die Menschen nur 5 bis 7 Mal einen Arzt auf, während die Menschen in Deutschland im Durchschnitt ca. 18 Mal zum Arzt gehen, wobei eine neue Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI) zu dem Ergebnis gekommen ist, dass 50 % der Arztbesuche auf das Konto von 16 % der Patienten geht und somit die Statistik in die Höhe getrieben wird. Hier handelt es sich überwiegend um ältere und chronisch kranke Patienten. Da stellt sich schon die Frage, ob man mit Steuerungssystemen nicht die Falschen trifft.

Bevor konkrete Forderungen gestellt und die Überschüsse der Krankenkassen verteilt werden, sind auch die Kassen selbst gefordert, einen nachvollziehbaren Verwendungsnachweis und eine solide Prognose über die Entwicklung der Finanzlage abzugeben, auf deren Grundlage politische Entscheidungen verantwortungsvoll gefällt werden.

Meine Fraktion ist mit im Boot, wenn sich herausstellt, dass es Gelder zu verteilen gibt, gern an schleswig-holsteinische Krankenhäuser und für alles, was den Patienten nützt, nicht nur für dieses Wahljahr!

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Pressesprecher
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel
Telefon: 0431/988-1440

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